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#Karriere

Als Mutter berufstätig und dauernd ein schlechtes Gewissen – so gehen Sie damit um

Als Mutter berufstätig und dauernd ein schlechtes Gewissen – so gehen Sie damit um

In der Beratung suchen uns oft Mütter auf, die sich selbst eine Menge Druck machen, wenn sie nach der Elternzeit in ihre alte berufliche Position zurückkehren. Ragnhild Struss beleuchtet die Herausforderungen berufstätiger Mütter und zeigt, wie sich die neu hinzugekommene Rolle ins bisherige Leben integrieren lässt.

Von „Was, du willst nach so kurzer Zeit schon wieder Vollzeit arbeiten und dein Kind den ganzen Tag in die Kita stecken?!“ bis hin zu „Schade, dass du deine beruflichen Ambitionen jetzt völlig aufgegeben hast und nur noch Mama sein willst.“: In kaum einem anderen Bereich bekommen Frauen so viel ungefragtes Feedback und sind so kritischer Beurteilung ausgesetzt wie beim individuellen Umgang mit der Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit. Weil man sich lediglich Kritik bei den Themen zu Herzen nimmt, bei denen man selbst innerlich ungeklärt oder sogar selbstkritisch ist, geht die härteste Kritik oft von den Müttern gegenüber sich selbst aus. Sie leiden unter konstant schlechtem Gewissen – sowohl ihrem Vorgesetzten als auch ihrem Kind und ihrem Partner / ihrer Partnerin gegenüber. Wie können Mütter mit diesem (häufig selbstgemachten) Druck, den gefühlten gesellschaftlichen Anforderungen sowie mit weiteren typischen Stressoren, die die Berufstätigkeit mit Kind mit sich bringt, umgehen?

Die wichtigste Grundlage: Akzeptanz der neuen Situation

Wer Mutter wird, erlebt in Bezug auf den Beruf keine wirkliche Übergangsphase: Sie arbeiten während Ihrer Schwangerschaft noch „normal“ und wie immer in Ihrem Job und erleben ab Mutterschutz, Geburt und Elternzeit eine völlige Zäsur in Form einer ganz neuen Lebensphase, in der Sie sich erst einmal zurechtfinden müssen. Wenn Sie dann irgendwann wieder in Ihren alten Job zurückkehren, können Sie Ihrer Arbeit nicht mehr die gleiche Energie und Aufmerksamkeit widmen wie früher – eine Tatsache, die sich viele Mütter jedoch vorher nicht wirklich klarmachen. Denn obwohl sich die Anforderungen verdoppeln, erhält man mit der Geburt eines Kindes nicht plötzlich ein hundertprozentiges Energie-Update. So kann es sich schnell überfordernd anfühlen, wenn man im Job „alles geben“ möchte und gleichzeitig die neue Rolle als Mutter trotz Arbeit bestmöglich ausfüllen will. Es ist daher ganz wichtig, sich in dieser Situation bewusst zu machen: Ihr Leben ist jetzt nicht mehr wie vorher, und davon sind alle Lebensbereiche betroffen – auch der Beruf. Passen Sie Ihre Erwartungen an die neue Lebenssituation an, geben Sie Ihren Einstellungen und Ansprüchen bezüglich Ihrer joblichen Rolle ein aktuelles Update. Oft erleben wir in unserer Beratung, dass dieses Bewusstsein sich erst entwickeln muss und dass Frauen eine Weile brauchen, bis sie die neue Verteilung ihrer Identität auf verschiedene Lebensbereiche wirklich innerlich integriert haben. 

Die eigenen Glaubenssätze unter die Lupe nehmen

Sind Sie nach Ihrer Elternzeit wieder in den Beruf zurückgekehrt und fühlen sich andauernd unzulänglich und gestresst? Dann besteht eine hilfreiche erste Maßnahme darin, sich Ihre eigenen Überzeugungen, Erwartungen und Rollenvorstellungen einmal genauer anzusehen. Sind Sie zum Beispiel der Ansicht „Am besten bekommen meine Vorgesetzten und Kollegen gar nicht mit, dass ich ein Kind habe, damit niemand überhaupt auf die Idee kommt, ich könnte deswegen weniger Leistung bringen.“? Haben Sie Angst, von Ihren Mitarbeitern jetzt mit anderen Augen betrachtet zu werden, und glauben vielleicht selbst insgeheim „Als Mutter leidet die Qualität meiner Arbeit.“? Oder stellen Sie perfektionistische Ansprüche an sich selbst und erwarten etwa „Ich muss das gleiche Arbeitspensum schaffen wie früher – auch mit weniger Arbeitszeit.“? Mit solchen Einstellungen erzeugen Sie selbst andauernd Druck und Versagensängste und lenken Ihre Aufmerksamkeit zudem auf mögliche Schwierigkeiten und Mängel.

Schreiben Sie Ihre negativen Glaubenssätze in Bezug auf die Vereinbarkeit von Job und Mutterrolle einmal auf und wandeln Sie sie unbedingt ins Positive um: Sagen Sie sich beispielsweise von nun an „Ich bin Mutter und zeige diesen Teil meines Lebens mit Stolz und ich bin gut in meinem Beruf.“ – beides kann nebeneinander stehen und richtig sein; Sie müssen es nicht als Gegensatz darstellen. Indem Sie sich vermeintlich gegenseitig ausschließende Aspekte mit „und“ verbinden, statt sie mit „aber“ gegenüberzustellen, erschaffen Sie gleich eine ganz neue Perspektive („Das eine und das andere können zutreffen.“ vs. „Ich bin gut im Job, aber als Mutter leidet meine Arbeit.“).

Wir erleben viele Mütter als Kundinnen, die nach der Elternzeit zwar in beispielsweise 60-Prozent-Teilzeit in den Job zurückkehren, aber nach wie vor 100 Prozent arbeiten. Das führt unweigerlich zu Erschöpfung. Achten Sie unbedingt darauf, Prioritäten zu setzen und realistische Ansprüche an sich zu stellen: Wenn Sie zum Beispiel jetzt weniger Stunden arbeiten als früher und vielleicht manchmal früher los müssen, um Ihr Kind von der Kita abzuholen, dann ist es doch selbstverständlich, dass sich auch Ihr zu bewältigendes Arbeitspensum reduziert. Überlegen Sie sich sowohl für Ihre Mutterrolle als auch für den Job, was für Sie in welchen Situationen Priorität hat, zum Beispiel „Ich schließe mindestens ein Projekt pro Woche ab.“, aber eben auch „Freitags gehe ich um 13 Uhr, um mit meinem Kind einen langen Spaziergang zu machen.“. Wenn Sie realistische Erwartungen an sich stellen, können Sie diese viel leichter erfüllen und kommen weniger ins Dilemma. 

„Das Mutter-Sein hat Stärken und Talente in mir geweckt, die ich vorher nicht hatte. Davon profitiert mein Job!“, fügt dem Ganzen noch einen positiven und motivierenden Aspekt hinzu. Versuchen Sie, Ihre neue Rolle als Mutter in Bezug auf Ihren Beruf nicht als Defizit zu betrachten, sondern als Asset: Viele Frauen erleben, dass sie durch die Verantwortung für ihr Kind plötzlich mehr Mut aufbringen, sich mehr trauen sich abzugrenzen und zu verteidigen und im Sinne einer „Löwenmutter“ ein ganz neues inneres Autoritätsempfinden entwickeln. Das sind Stärken, von denen auch der berufliche Kontext profitieren kann. Seien Sie also stolz auf das, was Sie als Mutter Tag für Tag leisten!

Zum Thema Bewertung und Kritik

Wer andere für etwas verurteilt, macht damit auch immer eine Aussage über sich selbst. Sprich wenn andere Ihnen negatives Feedback geben in Bezug darauf, wie Sie Ihr Leben mit Kind und Job organisieren, dann machen Sie sich immer klar, dass diese Personen durch ihre subjektive Brille von Meinungen und Überzeugungen und sicherlich auch Unsicherheiten und Ängsten hindurch urteilen. Diese Erkenntnis können Sie auch auf sich selbst anwenden: Haben auch Sie manchmal innerlich eine kritische Haltung gegenüber anderen Müttern, die Themen wie Erziehung und Job völlig anders angehen als Sie selbst, und denken Sie sich „Das geht ja gar nicht, wie die das macht!“? Dann sehen Sie unbedingt genau hin, was durch die Art und Weise der anderen Person in Ihnen getriggert wird. Denn wenn uns etwas sehr aufregt und wir dabei stark emotional reagieren, sind häufig eigene verdrängte Anteile im Spiel. Eine berufstätige Mutter, die sich beispielsweise über eine nicht erwerbstätige Mutter aufregt, die „mit ihren zuckerfreien Muffins und ihren selbstgenähten Kleidern die anderen Mütter schlecht dastehen lässt“, urteilt wahrscheinlich so hart, weil sie insgeheim ein schlechtes Gewissen hat oder sich selbst genau diesen Anteil nicht erlaubt. Vielleicht ist sie unsicher, ob sie nicht auch mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen sollte und ob sie als Vollzeitberufstätige überhaupt „eine gute Mutter“ ist, oder möglicherweise hat sie den Glaubenssatz verinnerlicht, dass man immer arbeiten müsse, und das Leben der anderen Frau spricht eine unterdrückte Sehnsucht in ihr an, vielleicht auch mal etwas kürzer zu treten. 

Plötzlich passt der Job nicht mehr zu Ihnen?

Die Geburt Ihres Kindes und die Erfahrungen in Ihrer neuen Rolle als Mutter haben sicherlich nicht nur äußerlich vieles verändert, sondern auch in Ihrem Inneren. Das kann sich einerseits darauf beziehen, welchen Stellenwert der Job in Ihrem Leben hat: Möglicherweise fällt Ihnen jetzt auf, dass Sie Ihre Arbeitszeit reduzieren oder länger in Elternzeit bleiben möchten, obwohl Sie noch vor der Geburt ganz sicher waren, es kaum erwarten zu können, in den Job zurückzukehren. Oder das Gegenteil ist der Fall und Sie vermissen Ihre Arbeit schon früher als gedacht. Hören Sie in sich hinein, was Sie jetzt in Bezug auf das Berufliche brauchen und erwarten – es ist alles in Ordnung, auch wenn Sie Ihre Einstellung vielleicht geändert haben. Tauschen Sie sich mit Ihrem Vorgesetzten aus, wie Ihre berufliche Position ggf. so modifiziert werden kann, dass Sie zu Ihren (neuen) Bedürfnissen passt.

Was aber, wenn es mehr als das ist und Sie das Gefühl haben, dass Ihr alter Job einfach nicht mehr das Richtige für Sie ist? Dann haben sich möglicherweise Ihre persönlichen Wertvorstellungen dadurch verschoben, dass Sie ein Kind bekommen haben und sich für dieses verantwortlich fühlen. Für sehr viele Eltern rückt dadurch der Wunsch in den Mittelpunkt, aktiv etwas zur positiven Gestaltung unserer Welt beizutragen, um dem eigenen Kind eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Werte wie Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit oder Sinnerfüllung im Allgemeinen bekommen oft einen ganz neuen Stellenwert, während einige Aspekte, die einem vorher wichtig waren, in ihrer Relevanz abnehmen. So ist Ihr Interesse an einem kapitalistisch orientierten Job mit vielen Überstunden nun vielleicht extrem gesunken oder Sie bringen es nicht mehr übers Herz, bei einem Unternehmen zu arbeiten, welches für seine negative Ökobilanz bekannt ist. Nehmen Sie diese Impulse aus Ihrem Inneren ernst und überlegen Sie noch einmal ganz grundlegend, in welche Richtung Ihr beruflicher Kurs Sie von nun an führen soll.

Sonstige Stressoren

Selbstverständlich ändert sich auch ganz pragmatisch betrachtet Ihre Arbeits- und Lebenssituation als Mutter: Ihre Ressourcen wie Zeit, Energie und Geld müssen anders aufgeteilt werden als vorher und es ist individuell sehr verschieden, wie viele Stunden Arbeit beispielsweise rein energetisch für Sie möglich sind. Mit dem Kind ist zudem eine unberechenbare Variable ins Leben hinzugekommen, die auch das innere Gefühl in Bezug auf den Job stark prägt. So kann das Kind etwa jederzeit unerwartet krank werden und eine flexible Neuorganisation der Arbeitsbedingungen notwendig machen. Das „Projektmanagement“ in Bezug auf das Kind schlägt sich auch in der Partnerschaft mit erhöhtem Absprache- und Kommunikationsaufwand nieder – ganz zu schweigen von alleinerziehenden Müttern, die die gesamte Organisation mehr oder weniger alleine stemmen müssen. 

Spätestens wenn Sie das Gefühl haben, dass die Stressoren in Ihrem Leben dauerhaft Ihre Bewältigungsressourcen übersteigen, müssen Sie etwas ändern. Werden Sie kreativ und brainstormen Sie – gerne auch zusammen mit Partner*in, Familie und/oder Freund*innen – Lösungsmöglichkeiten, um Ihren Tagesablauf etwas zu entstressen. Sorgen das lange Pendeln ins Office und das nachmittägliche Abholen des Kindes in der weit entfernten Kita jedes Mal für Zeitdruck und Hetze? Vielleicht können Sie Ihre Arbeitszeiten eine halbe Stunde bis Stunde nach vorne verlegen oder öfter aus dem Homeoffice arbeiten. Haben Sie das Gefühl, weder Ihrer Arbeit noch Ihrem Kind wirklich gerecht zu werden und immer etwas „liegen zu lassen“? Reduzieren Sie die Anzahl Ihrer Projekte oder positionieren Sie sich innerlich, indem Sie klare Prioritäten setzen. Können Sie für Themen wie Kinderbetreuung, Haushalt oder Einkaufen eventuell Unterstützung aus Ihrem Umfeld bekommen oder etwas vereinfachen, zum Beispiel durch Nutzen eines Lieferservices? Es ist in Ordnung, wenn Sie an manchen Stellen Abstriche machen und vor allem auch Ihre innere Erwartungshaltung etwas senken, um nicht ständig das Gefühl zu haben, hinter Ihrem „Soll“ zurückzubleiben.

Fazit: Es braucht Zeit

Haben Sie Geduld mit sich: Ihr Leben hat sich komplett verändert und niemand erwartet, dass von Anfang an alles perfekt funktioniert wie bei einem Uhrwerk. Sie werden in die neue Verteilung Ihrer Rollen hineinwachsen, werden wichtige Erfahrungen machen und mit der Zeit herausfinden, was für Sie funktioniert und was nicht, was Ihnen wirklich wichtig ist und was Sie brauchen, um sich wohl und ausgeglichen zu fühlen. Teilen Sie sich auf jeden Fall mit, wenn Sie Hilfe benötigen oder mit bisherigen Strukturen nicht mehr zurechtkommen – sowohl Ihrem privaten Umfeld als auch gegenüber Ihrem Arbeitgeber. In den meisten Fällen wird Ihnen mehr Verständnis entgegengebracht werden, als Sie vorher vielleicht glauben, und es können gemeinsam Lösungen gefunden werden. Sie müssen sich vor allem zunächst selbst die Erlaubnis geben, Ihr Leben nach Ihren – und nun den Bedürfnissen Ihres Kindes – gestalten zu dürfen. Nehmen Sie sich diese innere Freiheit.

 

Die wichtigste Grundlage für beruflichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit bildet eine Lebensführung in Übereinstimmung mit Ihrer Persönlichkeit. Sie zu kennen, ist der erste Schritt. Mit unserem kostenfreien Schnuppertest bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ihn zu gehen und einen ersten Einblick in Ihr Inneres zu erhalten.

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