Attention, please! 5 Tipps für konzentriertes Arbeiten
von Ragnhild Struss
Einige der heutigen Arbeitsbedingungen erschweren lange Phasen fokussierten Arbeitens. Das hat nicht nur negative Auswirkungen auf unsere Produktivität, sondern laugt uns auch mental aus. Ragnhild Struss gibt Tipps, wie Sie zu voller Konzentration zurückfinden.
Wann war das letzte Mal, dass Sie mehrere Stunden lang konzentriert durchgearbeitet haben – ohne Pausen, Ablenkungen oder abschweifende Gedanken? Wenn es Ihnen so geht wie vielen Menschen in der heutigen Zeit, dann erinnern Sie sich vielleicht nur dunkel an Phasen der vollkommenen Fokussierung. Mit Großraumbüros, aufpoppenden Benachrichtigungen auf diversen Endgeräten, der Idee von Multitasking und dem vermehrten Verschwimmen zwischen Arbeitszeit und Privatleben stehen die Bedingungen für Phasen der tiefen Konzentration schlecht. Unsere Reizschwelle schraubt sich kontinuierlich nach oben, unsere Aufmerksamkeitsspanne scheint kürzer und kürzer zu werden und das ständige Hin- und Herspringen unserer Wahrnehmung ist zur Normalität geworden. Abgesehen davon, dass darunter meist unsere Produktivität leidet, kann übermäßiger Input unseren Geist überlasten und zu andauerndem Stress führen. Doch es gibt wirkungsvolle Maßnahmen, mit denen Sie gegensteuern können.
So schaffen Sie es, sich besser auf Ihre Aufgaben zu fokussieren
In seinem Buch „Konzentriert arbeiten“ – erstmals 2016 unter dem Titel „Deep Work“ erschienen – hat der US-amerikanische Computer-Wissenschaftler und Autor Cal Newport eine Lanze für die Rückkehr zu wirklich fokussierter Arbeit gebrochen. Die folgenden Tipps sind teilweise von seinen Erkenntnissen und Empfehlungen inspiriert. Dabei ist jeder dieser Tipps für sich alleine genommen bereits hilfreich, um bessere Bedingungen für Ihre Konzentration zu schaffen. Besonders profitieren Sie jedoch, wenn Sie möglichst viele davon parallel implementieren.
Tipp 1: Optimale Arbeitsbedingungen schaffen
Es ist von grundlegender Wichtigkeit, dass Sie äußere Bedingungen kreieren, die Ihnen konzentriertes Arbeiten erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Zunächst einmal sollten Sie immer an einem festen Platz arbeiten, der auch nur zu diesem Zweck genutzt wird. Was im Falle eines Bürojobs fast selbstverständlich wirkt, wird umso wichtiger im Homeoffice: Auch wenn die Verlockung groß ist, sollten Sie nicht am Küchentisch, auf der Couch oder gar auf dem Bett arbeiten! Denn Sie erschweren sich nicht nur die Konzentration während des Arbeitens, wenn Sie sich an Orten aufhalten, die normalerweise für ganz andere (private) Tätigkeiten genutzt werden – auch das Abschalten nach Feierabend fällt dann schwerer und es fehlt die Distanz zu Jobthemen. Achten Sie nach Möglichkeit auch im Büro darauf, soziale Interaktionen mit Kollegen im Flur oder der gemeinsamen Küche zu führen, während Ihr Arbeitsplatz wirklich nur für Arbeitsbezogenes reserviert bleibt. Der Vorteil: Unser Gehirn schaltet viel schneller in den Konzentrationsmodus, wenn mit einem bestimmten Ort immer fokussiertes Arbeiten assoziiert ist.
Sorgen Sie außerdem dafür, dass die für Ihr individuelles Leistungshoch besten Bedingungen herrschen: Achten Sie auf Ihren Biorhythmus mit natürlich auftretenden Schwankungen in Ihrer Konzentration und legen Sie die wichtigsten Aufgaben des Tages so, dass sie in Ihre Aufmerksamkeitshochs fallen. Beobachten Sie, welche weiteren Umstände Ihren Fokus unterstützen: Brauchen Sie vielleicht einen guten Kaffee, um auf Touren zu kommen, oder hilft es Ihnen, wenn stets ein gesunder Snack wie Studentenfutter bereitsteht? Möglicherweise profitieren Sie auch von regelmäßiger Bewegung und frischer Luft. Dass es sich positiv auf Ihren Workflow auswirkt, wenn Sie sämtliche benötigten Arbeitsmaterialien und -werkzeuge griffbereit haben, ist eigentlich eine Binsenweisheit, jedoch nicht immer üblich. Prüfen Sie so nach und nach, was Sie alles optimieren können, um noch konzentrierter zu arbeiten.
Versuchen Sie schließlich, aus all diesen Aspekten Rituale zu machen, die Sie automatisch befolgen. Denn unsere Willenskraft, mit der wir uns immer wieder von Ablenkungen weg und hin zu einer Aufgabe lenken, ist begrenzt. Deshalb helfen uns gerade bei schwierigen Aufgaben Routinen, die wir ohne weiteres Hinterfragen umsetzen, statt immer wieder alle paar Minuten zu prokrastinieren oder mit sich zu hadern, ob man weitermachen soll. Am besten ritualisieren Sie auf diese Weise auch das Arbeiten an sich, zum Beispiel „Ich mache immer erst eine fünfminütige Pause, wenn ich eine ganze Seite geschrieben habe.“ oder „Ich nutze das Internet immer nur zur vollen Stunde für maximal x Minuten.“. So schaffen Sie sich für den gesamten Arbeitsprozess klare Regeln, die Ihnen helfen, am Ball zu bleiben.
Tipp 2: Arbeit alleine und im Team klar trennen
Die Idee hinter der Einführung von Großraumbüros mag einer Idealvorstellung von gefördertem Austausch und besserer Kollaboration entsprungen sein – doch Studien zeigen immer wieder, dass sich Menschen in diesem Umfeld unwohl fühlen und keineswegs ihre Bestleistung erbringen können. Kein Wunder, werden wir in riesigen gemeinsamen Workspaces doch ständig von Telefonklingeln und anderen Geräuschen sowie von unangekündigt vorbeikommenden Kollegen abgelenkt. Die Lösung: Ziehen Sie eine klare Trennlinie zwischen hochkonzentrierter Arbeit alleine und dem Austausch mit anderen Menschen. Schirmen Sie sich mit Noise-Cancelling-Kopfhörern ab oder arbeiten Sie nach Möglichkeit am besten alleine remote, wenn Sie sich Aufgaben mit Bedarf an intensiver Konzentration widmen, wie Schreiben oder Datenanalyse. Kommunizieren Sie im besten Falle auch vorab an Kollegen, dass Sie in diesen Phasen nicht erreichbar sein werden bzw. nur in dringenden Notfällen kontaktiert werden möchten.
Steht hingegen beispielsweise kreative Ideenfindung an, die von einem inspirierenden Brainstorming in der Gruppe profitiert, dann treffen Sie sich mit Ihrem Team in dafür gedachten Meetingräumen. Hauptsache, diese beiden Arbeitsmodi vermischen sich so wenig wie möglich, denn das führt dazu, dass keiner optimal funktioniert. Je nachdem, ob Sie intro- oder extravertiert sind, motiviert Sie eine der beiden Arbeitsformen wahrscheinlich auch deutlich stärker – lassen Sie diese Erkenntnis in die Gestaltung Ihres Jobs miteinfließen, wenn nötig in Absprache mit Ihrem Vorgesetzten.
Tipp 3: Sich selbst führen
Je weniger Struktur Sie von außen vorgegeben haben, desto wichtiger ist gutes Selbstmanagement. Dazu gehört zunächst einmal, dass Sie sich von der Vorstellung verabschieden, Multitasking sei eine effiziente Arbeitsweise. Es kostet unser Gehirn jedes Mal Kapazitäten, beim Hin- und Herspringen zwischen Aufgaben wieder zur vollen Konzentration zu gelangen. Damit vergeuden Sie Ihre mentalen Ressourcen, sind schneller ermüdet und erzielen schlechtere Arbeitsergebnisse. Gewöhnen Sie sich lieber an, immer wieder Prioritäten zu setzen: Fragen Sie sich zu Beginn jedes Arbeitstages, aber bei Bedarf auch zwischendurch, welche Aufgabe gerade die größte Wichtigkeit und Dringlichkeit hat. Widmen Sie sich dann ausschließlich dieser und rühren Sie keine der weniger relevanten Tasks an, bis Sie damit durch sind.
Sind Ihnen keine äußeren Deadlines vorgegeben, dann schaffen Sie sich selbst welche: Unterteilen Sie große Projekte in mehrere Unterziele und legen Sie fest, wann Sie welchen (Zwischen-)Status erreicht haben wollen. Wer weiß, was in einem bestimmten Arbeitsabschnitt zu erfüllen ist, wird dies viel leichter leisten können und ist mit mehr Konzentration bei der Sache. Gewöhnen Sie sich schließlich an, Ihre eigene Leistung zu messen und sich herauszufordern, sie durch konzentriertes Arbeiten noch zu optimieren. Achten Sie beispielsweise darauf, wie viele Berichte, Texte oder Auswertungen Sie für gewöhnlich innerhalb einer bestimmten Zeit schaffen – und probieren Sie aus, ob Ihre Quote sich steigern lässt, wenn Sie gezielt Ihren Fokus erhöhen und weniger Unterbrechungen zulassen.
Tipp 4: Pausen clever nutzen
Was paradox klingen mag, ist bei genauerer Betrachtung schlüssig: Um sich optimal konzentrieren zu können und leistungsfähiger zu werden, müssen Sie regelmäßig erholsame Pausen einlegen. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen benötigen wir Auszeiten von der Arbeit, um uns zu regenerieren und Energie zu sammeln, die uns danach wieder für maximale Konzentration zur Verfügung steht. Denn unsere mentalen Ressourcen für intensiven Fokus sind begrenzt. Wir verlassen einerseits schon nach 20-Minuten-Intervallen immer wieder kurz den Zustand höchster Aufmerksamkeit, in jedem Fall fällt es uns aber vor allem nach einem 8-Stunden-Arbeitstag wesentlich schwerer, noch konzentriert bei der Sache zu bleiben. Nach Feierabend weiterzuarbeiten lohnt sich also selten, wenn Sie gewisse Ansprüche an einen hohen Qualitätsstandard haben.
Ein anderer Grund, warum wir von Pausen profitieren, ist ihr Ermöglichen von Einsichten: Nachdem wir uns vorab intensiv mit einem Problem beschäftigt und dazu Informationen durchdacht haben, kommt die Lösung bzw. der berühmte „Heureka!“-Moment häufig in anschließenden Phasen des Leerlaufs, in denen wir unser Gehirn nicht mehr auf die Aufgabe fokussieren. Auf diese Weise sind auch mehrere wissenschaftliche Durchbrüche erzielt worden. Offenbar sind Auszeiten also ein ebenso wichtiger Teil unseres Arbeitsprozesses wie intensives Konzentrieren.
Tipp 5: Digitales mit Bedacht verwenden
Eine der größten Ablenkungsquellen der heutigen Zeit ist unumstritten das Internet, genauer gesagt insbesondere die sozialen Medien. Tatsächlich sind viele digitale Anwendungen und Websites nach einem „Glücksspiel“-Prinzip aufgebaut, das uns immer mehr wollen lässt: Jedes Posten eines Beitrags auf Instagram und jedes Swipen durch eine Bildergalerie enthält einen Moment der Überraschung. Wird jemand mein Bild liken, und wenn ja, wer und wie viele? Wird hinter dem nächsten Swipe etwas Spannendes auf mich warten? Dieses von uns nicht steuerbare „Glücksspiel“ ist es, was auf das menschliche Gehirn einen besonderen Reiz ausübt. Unsere Smartphones sind ebenfalls komplett nach diesem Prinzip designt, denn wann auch immer wir einen Blick auf sie werfen, könnten sie spannende Push-Meldungen für uns parat halten.
Für konzentriertes Arbeiten ist es deshalb wichtig, uns der aufmerksamkeitsbündelnden Wirkung digitaler Devices so weit wie möglich zu entziehen: Legen Sie Ihr Smartphone in die Schublade oder lassen Sie es in Ihrer Tasche und nehmen Sie es nur zu bestimmten Uhrzeiten hervor. Bündeln Sie ebenso auch Ihre Nutzung von Browser und Mailprogramm: Trennen Sie Zeiten des Offline-Arbeitens von solchen Phasen, die Online-Recherche bedürfen, und öffnen Sie außerhalb dieser Zeiten nicht Ihren Browser. Stellen Sie die Benachrichtigungen eintreffender E-Mails ab und checken Sie stattdessen aktiv Ihren Posteingang – im besten Falle nur einmal pro Stunde oder nach Möglichkeit noch seltener. Und wenn Sie den für viele Menschen wohl am deutlichsten zu Buche schlagenden Zeit- und Aufmerksamkeitsvernichter aus Ihrem Leben eliminieren wollen, verzichten Sie auf Social Media: Diese Netzwerke sind wie oben erwähnt von Grund auf so gestaltet, dass Sie dort mehr Zeit verbringen, als Sie es eigentlich vorhaben. Wer sich nicht ganz abmelden möchte, sollte zumindest seine Nutzung gewissen Regeln unterwerfen und sie zeitlich und inhaltlich begrenzen. Alleine diese Maßnahme kann Wunder für Ihr Konzentrationsvermögen wirken!
Fazit
Es ist möglich, zu einer hochkonzentrierten Arbeitsweise zurückzufinden. Allerdings müssen wir uns bewusst dazu entscheiden, uns selbst kontrolliert zu steuern uns dafür konsequent zu beschränken: auf nur eine Aufgabe zur Zeit, auf Zeiten ohne Internetnutzung und auf Arbeitsbedingungen, die unseren Fokus fördern. Probieren Sie es aus und sehen Sie für sich selbst, ob sich Ihre Produktivität steigert, während Ihr Stresslevel sinkt.
Die wichtigste Grundlage für beruflichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit bildet eine Lebensführung in Übereinstimmung mit Ihrer Persönlichkeit. Sie zu kennen, ist der erste Schritt. Mit unserem kostenfreien Schnuppertest bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ihn zu gehen und einen ersten Einblick in Ihr Inneres zu erhalten.
21.09.2020