4 Tipps für mehr Zufriedenheit und weniger soziale Vergleiche
von Pia Lenk
Sich mit anderen zu vergleichen, ist in Zeiten von Social Media allgegenwärtig. Wir vergleichen uns täglich, ständig, manchmal im Minutentakt. Doch wie hängen eigentlich Selbstwert und soziales Vergleichen miteinander zusammen? Welche Ziele verfolgen wir beim Vergleichen? Was unterscheidet den „Runterschauer“ vom „Raufschauer“ und wieso sind beide tendenziell eher unglücklich? Wie können wir Abstand nehmen vom Vergleichen und darüber unseren Selbstwert steigern?
Der „Runterschauer“- Abwärtsvergleiche
Wenn es uns schlecht geht und unser Selbstwertgefühl eher von Unzufriedenheit und Frustration dominiert wird, neigen wir zum Vergleich mit Menschen, denen es genauso schlecht oder noch schlechter geht als uns. Damit verfolgen wir unbewusst das Ziel, uns wieder aufzubauen – entweder, indem wir unser eigenes Leid in Relation stellen, denn im Vergleich wirkt es dann weniger schlimm, oder um uns mit den anderen Leidenden verbunden zu fühlen und somit an Stabilität zu gewinnen. So können sich zum Beispiel kranke Menschen gestärkt fühlen, wenn Sie andere Patienten sehen, denen es noch schlechter geht als ihnen. Wir werden zum „Runterschauer“.
Den Blick auf das Negative zu richten, kann sogar so weit gehen, dass wir Kraft darin finden, uns über andere zu stellen, denen es schlechter geht. Üble Nachrede allerdings führt anderen energetisch Schaden zu. Ein hoher Preis, um unser eigenes Selbst zu schützen und in die Kraft zu finden. Performen wir beispielsweise beim Bowlen mit Freunden nicht nach unseren eigenen Wünschen, denken wir uns beim Blick auf das gegnerische Team womöglich: „Naja, die treffen ja noch viel weniger als ich.“ Gehen wir sogar noch einen Schritt weiter, machen wir uns auch noch lustig über den einen Spieler, der ständig daneben wirft. Abwärtsvergleiche können innere Ambivalenz auslösen. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass der von uns wahrgenommene Unterschied durchaus ungerecht sein kann. Verspürt zum Beispiel ein Mensch in Deutschland Hunger, so wird es immer ein Kind in Afrika geben, das hungriger ist. Dann hebt sich einerseits unsere eigene Stimmung durch das Bewusstsein, dass unser Hunger nun im Vergleich wirklich erträglich ist, aber gleichzeitig können wir über die Ungerechtigkeit frustriert sein, dass es uns so viel besser geht. Ergebnis: Wir werden zu ambivalenten, potenziell abwertenden „Runterschauern“.
Der „Raufschauer“- Aufwärtsvergleiche
Wer wissen will, was möglich ist, der schaue nach oben. Dazu bieten sich eine Menge verschiedener Vergleichsmerkmale an: Leistungen, materielle Besitztümer, das Aussehen oder Beziehungen. Wie können wir uns verbessern? Wie kommen andere zum Erfolg? Und was fehlt uns, um genau so glücklich zu sein? Unangenehm wird es dann, wenn wir uns selbst abwerten und alle anderen als „besser“ wahrnehmen. Der Blick auf den Mangel führt immer zu Energieverlust. Eigene Zufriedenheit und Wohlbefinden sinken rapide in den Keller. Der konstruktive Neid hingegen birgt das Potenzial, zur eigenen Entwicklung beizutragen, wenn das Gegenüber zur Motivation wird. „Ich will das, was du hast, und das kann ich haben, weil du mir zeigst, dass es möglich ist“, wäre dann ein innerer Leitsatz. Fühlen wir uns schwach, tendieren wir dazu, andere in unserem Neid abzuwerten. In unserer Feindschaft ziehen wir womöglich den Ruf des anderen in Mitleidenschaft. „Ich will, was du hast, und wenn ich es nicht schaffen kann, dann hast du es erst recht nicht verdient“, schreit es demnach in unserem Inneren. Ergebnis: Wir werden zu sehnsüchtigen, potenziell neidischen oder missgünstigen „Raufschauern“.
Aber was ist die Alternative? Eine dritte Art des Vergleichens ist der Horizontalvergleich. Hierbei sammeln wir realistische Informationen über unsere eigene Person und vergleichen uns mit gleichgestellten und uns ähnlichen Mitmenschen. Dabei wird die eigene Person nicht existenziell in Frage gestellt, aber der Vergleich bleibt dennoch eine Bewertung. Ist das eine Lösung?
Mit unseren folgenden 4 Tipps zum Meiden von Vergleichen für uns „Runterschauer“ und „Raufschauer“ kommen Sie der Lösung näher: zum Vorwärtsgänger werden.
1. Wer nicht verglichen werden will, sollte sich selbst nicht vergleichen.
In einer Welt voller Bewertungen müssen wir uns zu schützen wissen. In unserem Blogartikel „Sweet Little Lies“ haben wir bereits über natürliche Abwehrmechanismen gesprochen, die dem Schutz des Selbst dienen. Hierbei geht es nur um unseren Schutz und nicht darum, andere abzuwerten, wie es beim Vergleichen gerne mal passieren kann. Fühlen wir uns schlecht, weil unsere Taille weniger schlank als die der Kollegin ist, so konzentrieren wir uns auf ihre leicht krumme Nase und wir fühlen uns besser. Aber wieso können eigentlich nicht beide auf ihre Weise perfekt sein, ohne dass einzelne Aspekte in Relation zueinander gesetzt werden? Wie können wir eine Kultur der Ermutigung aufbauen und unabhängig von Vergleichen werden? Unser Vorschlag: Indem wir mit gutem Vorbild vorangehen, selbst das ständige Vergleichen und (negative) Bewerten anderer unterlassen, trainieren wir unseren inneren Blick um stets auf das Gute in uns und anderen zu schauen.
2. Alle Anteile seiner selbst zu akzeptieren, macht selbstbewusst.
Selbstvertrauen kommt von Selbstbewusstsein. Das bezieht das Wissen sowohl um eigene Stärken als auch um Schwächen mit ein. Das, was uns schwächt, sind die Dinge, über die wir uns nicht im Klaren sind, oder solche, die wir selbst nicht zulassen wollen. Es gibt immer Anteile der Persönlichkeit, die unterbewusst ablaufen, oder solche über die wir uns zwar bewusst sind aber verdrängen. Jemand, der sein Schielen negativ bewertet und verdrängt, wird immer wieder damit in Konfliktsituationen kommen. Andere werden ihn darauf ansprechen oder vielleicht komisch angucken. Hat die Person allerdings Annahme für ihr Schielen gefunden und ist entsprechend selbstbewusst und zufrieden mit sich, kann sie zu Beginn einer Präsentation entwaffnend vorwegnehmen: “Ich weiß, ich schiele, aber seien Sie sich sicher, ich kann Sie sehen.“ Damit geht man in die Offensive und bietet somit keine Angriffsfläche, weil man zeigt, dass man selbst Frieden mit seiner Eigenart geschlossen hat. Denn ein gesundes Selbstbewusstsein ist die Grundlage für ein vergleichsfreies- Leben.
3. Eigene Werte definieren und entscheiden: Wer will ich sein und mit wem will ich zusammen sein?
Was kann ich gut? Was sind meine Stärken und wie kann ich diese nutzen? Für welche Werte stehe ich? Und wofür setze ich mich auch wirklich ein? Ich definiere, wer ich bin. Wir müssen uns bewusst machen, dass der einzig sinnvolle Vergleich mit uns selbst passieren kann. Was kann ich morgen besser machen und was soll so bleiben, wie es ist? Manche Dinge müssen wir einfach akzeptieren und darauf vertrauen, dass wir auch damit umgehen können. Außerdem spielen gesunde Beziehungen und Freundschaften eine wichtige Rolle: Ergänzen wir uns intellektuell, emotional, physisch und spirituell, steigern sich Selbstzufriedenheit und Selbstbewusstsein. Man sollte mit Menschen Zeit verbringen, die einem ein gutes Gefühl geben und bei denen man sich genau so geben kann, wie man ist.
4. Stellen Sie sich die Frage: Wo kann ich mein Potenzial entfalten?
Der Kabarettist Eckart von Hirschhausen erzählte einmal im Rahmen eines Bühnenprogramms eine Geschichte. Während einer Kreuzfahrt beobachtete er einen Pinguin. Er dachte sich: „Armer Vogel. Der kann nicht fliegen und der liebe Gott hat bei ihm auch noch die Knie vergessen.“ Sein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion. In diesem Moment sprang der Pinguin ins Wasser und fing einige Fische mit solch einer Eleganz, dass Herr Hirschhausen nur staunen konnte. Pinguine können umgerechnet mit der Energie von einem Liter Benzin über 2.500 km weit schwimmen. Daraus lernte er zwei Dinge. Erstens: wie schnell und oft er urteilte, und wie er damit daneben liegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, damit sich die eigenen Talente und Fertigkeiten entfalten können. Denn auch nach sieben Jahren Psychotherapie wird ein Pinguin nicht zur Giraffe. Der Arbeitsplatz, die Kollegen, die inhaltliche Arbeit – all das definiert das Umfeld für uns Menschen. Ein Autoliebhaber ohne das entsprechende räumliche Verständnis wäre als Mechaniker aufgeschmissen und unzufrieden. Mit seiner Eloquenz allerdings ein klasse Automobilkaufmann. Es gilt, das eigene Potenzial realistisch zu betrachten, Stärken und Schwächen zu identifizieren und entsprechend zu nutzen.
Der „Vorwärtsgänger“
Vergleiche bedeuten eine Form der sozialen Abhängigkeit. Es ist ganz einfach: ohne andere kein Vergleich. Macht der „Runterschauer“ seine Stabilität abhängig von anderen Leidenden, muss er immer damit rechnen, dass es diesen Leidenden auch irgendwann wieder besser geht. Und so steht er am Ende doch alleine da und das vermeintlich gute Gefühl des „Besser-Abschneidens“ versiegt, sobald es dem anderen wieder besser geht. Auch der „Raufschauer“ braucht die „besseren“ anderen. Ohne sie hätte er keinen Antrieb oder Neidgefühle, weil er sich das Gleiche für sich selbst wünscht.
Wir sind und bleiben eben auf uns gestellt. Wenn andere zu unserem Maßstab werden, laufen wir Gefahr, uns selbst zu verlieren. Wir müssen unsere Maßstäbe selbst setzen und sollten versuchen, wenn, dann uns selbst zu übertreffen. Denn der einzig sinnvolle Vergleich ist der mit uns selbst. Wir sollten uns fragen: Was kann ich heute dafür tun, um meinem Ideal ein Stückchen näher zu kommen? Das gilt für Bereiche, in denen wir Einfluss haben – und ansonsten lernen wir die Dinge anzunehmen, die wir nicht verändern können, denn erst dann entwickeln wir einen gesunden Selbstwert, der gar nicht erst auf den Vergleich mit anderen angewiesen ist. Es liegt auch an uns, ein Umfeld zu schaffen, in dem wir Wertschätzung erfahren, unsere Potenziale entfalten und uns zum Positiven weiterentwickeln können. Schaffen wir das, dann leben wir, was wir sein wollen und werden zum „Vorwärtsgänger“. Mit aufrechtem Blick begegnen wir der Welt und mit einem positiven Auge schauen wir auf unsere Eigenschaften und die der anderen Menschen.
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05.02.2020