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#Persönlichkeitsentwicklung

Hustle Culture und das neue Verständnis von Erfolg

Hustle Culture und das neue Verständnis von Erfolg

Heinrich Erbe: Die Hustle Culture hat in unserer Arbeitswelt großen Einfluss – sie treibt uns zu immer mehr Arbeit und stellt Produktivität oft über alles. Doch der Preis dafür ist hoch: Erschöpfung, Entfremdung und das Gefühl, nie genug zu sein. Heute möchte ich mit dir, Ragnhild, darüber sprechen, wie wir Erfolg anders denken können – und welche Rolle achtsames Arbeiten dabei spielt.

Ragnhild Struss: Ja, das beobachte ich in meinen Coachings – gerade von High-Performern –  immer wieder. Viele spüren gar nicht mehr, was sie antreibt oder wohin sie eigentlich wollen. Stattdessen wird Produktivität zum Selbstzweck, und die Freude bleibt auf der Strecke. Es ist fast so, als hätten wir verlernt, auch mal innezuhalten und uns zu fragen: Wofür mache ich das eigentlich alles?

Heinrich: Was glaubst du, warum die Idee von ‚mehr ist besser' so tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist?

Ragnhild: Die Idee von „höher, weiter, schneller, mehr“ ist ein kulturelles Relikt aus der Industrialisierung. In dieser Zeit wurde Arbeit zum Maßstab für Wert und Tugendhaftigkeit. Die moderne Leistungsgesellschaft hat diesen Gedanken auf die Spitze getrieben. Unser Selbstwert ist stark an unsere Arbeit gebunden, wir vergleichen uns ständig, messen Erfolg in Zahlen und verwechseln Betriebsamkeit mit Produktivität. Psychologisch betrachtet steckt dahinter oft Angst: Angst, nicht genug zu sein, nicht dazuzugehören oder etwas zu verpassen. Wir kompensieren dieses Gefühl, indem wir immer mehr leisten. Doch die Wahrheit ist, dass diese Spirale uns oft von dem entfernt, was uns wirklich ausmacht.

Heinrich: Welche Mythen über Erfolg und Persönlichkeit treiben die Hustle-Culture an?

Ragnhild: Es sind vor allem die unbewussten Überzeugungen, die von der Hustle Culture befeuert werden wie: „Harte Arbeit zahlt sich aus.“, „Wer rastet, der rostet.“, „Das Glück ist mit den Tüchtigen.“ Diese Mythen sind gefährlich, weil sie individuelle Unterschiede und Lebensumstände ignorieren. Sie suggerieren, dass jeder Misserfolg auf persönliches Versagen zurückzuführen ist und dass eine gute Work-Life-Balance nur ein Ziel fauler Menschen sein kann. Übertragen auf das Persönliche wird der Mythos kultiviert, dass Selbstoptimierung der Schlüssel zum Glück ist. Doch wenn wir uns nur verbessern, um äußerlichen Maßstäben zu genügen, verlieren wir uns selbst. Erfolg sollte nicht bedeuten, mehr zu tun, sondern authentischer zu sein. Denn Erfolg hat zu allererst etwas mit Erfüllung zu tun.

Heinrich: Kann Achtsamkeit helfen, diesen Kreislauf zu durchbrechen? Falls ja, wie?

Ragnhild: Den Begriff „Achtsamkeit“ können viele schon nicht mehr hören, deshalb sage ich lieber „Vergegenwärtigung“. Erst wenn ich bewusst wahrnehme, was ich tue, kann ich meine Willensenergie mobilisieren, etwas zu verändern. In diesem Sinne lehrt uns die Achtsamkeit, innezuhalten, unsere Bedürfnisse zu erkennen und unseren Fokus zu lenken. Wenn wir achtsam arbeiten, fragen wir nicht: „Wie viel schaffe ich heute?“ Sondern: „Was bringt mir und anderen echten Mehrwert? Konkret bedeutet das, Prioritäten zu setzen, Grenzen zu ziehen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und uns zu erlauben, auch mal weniger zu tun – ohne Schuldgefühle.

Heinrich: Welche Beispiele für Hustle Culture hast du an dir selbst bereits feststellen können? Wie bist du damit umgegangen?

Ragnhild: Ich habe erlebt, wie ich mich in der Betriebsamkeit des alltäglichen Hamsterrads verloren habe – Viel zu viel gearbeitet, To-do-Listen abgehakt, ohne die übergeordnete Vision des Unternehmens oder meine persönliche Gesundheit im Auge zu behalten. Der Wendepunkt kam, als ich merkte, dass ich trotz kräftigen Ruderns gar nicht entscheidend vorankam. Mein Ansatz war dann radikal: Vision – beruflich und privat – neu bestimmen, klare Prioritäten setzen und die Entscheidung, nicht mehr alles perfekt machen zu wollen. Es ist ehrlich gesagt immer noch ein Prozess, der Mut und Disziplin erfordert, aber er bringt mich näher zu dem, was mir wirklich wichtig ist – der materiellen Welt eine geistige Perspektive einzuhauchen.

 

 

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Heinrich: Woher kommt das Prinzip des ‚achtsamen Arbeitens' und wie definierst du es?

Ragnhild: Achtsames Arbeiten bedeutet, sich das eigene Agieren bewusst zu vergegenwärtigen, mit Klarheit und Fokus zu entscheiden und zu handeln, statt sich in der Hektik und im Autopiloten zu verlieren. Es geht darum, bewusst zu entscheiden, wie wir unsere Energie einsetzen, und die Kontrolle über unsere Zeit zurückzugewinnen.

Heinrich: Wie sieht für dich ein Erfolg aus, der nicht von endlosem Arbeiten geprägt ist?

Ragnhild: Erfolg ist für mich, mir selbst Ausdruck zu verleihen in dem, was ich das tue, sei es beruflich oder privat. Wenn ich mich beruflich mit dem beschäftigen kann, was mich im Kern erfüllt, und gleichzeitig Raum für das habe, was mir wichtig ist: Meine Partnerschaft, Familie, Freundschaften, Interessen und meine Gesundheit. Für mich geht es nicht darum, wie viel ich tue, sondern welchen Unterschied ich machen kann. Aber daran muss ich mich inmitten der vielen Anforderungen meiner Rolle als Unternehmerin auch immer wieder selbst erinnern.

Heinrich: Was ist für dich der größte Unterschied zwischen ‚Zeit gegen Geld‘ und ‚Ergebnis gegen Geld‘?

Ragnhild: Zeit gegen Geld“ ist ein lineares, überholtes Modell, weil es weder unsere Leistung, noch unsere Wirksamkeit bewertet. „Ergebnis gegen Geld“ hingegen belohnt kreative, sinnvolle und qualitativ hochwertige Arbeit – unabhängig von der investierten Zeit. Dieses Modell setzt Vertrauen voraus, sowohl in sich selbst als auch in die Zusammenarbeit mit anderen, und übergibt die inhaltliche Verantwortung an den jeweils Schaffenden.

Heinrich: Kannst du ein Beispiel nennen, wie Achtsamkeit helfen kann, sich auf die wirklich wichtigen Aufgaben zu konzentrieren?

Ragnhild: Stell dir vor, du startest deinen Arbeitstag nicht direkt mit dem Checken von E-Mails, sondern nimmst dir bewusst fünf Minuten Zeit, um dich zu fokussieren. Du fragst dich: Was ist heute wirklich wichtig? Was bringt mich – oder mein Team – dem übergeordneten Ziel näher? Achtsamkeit bedeutet, bewusst Prioritäten zu setzen und nicht einfach blind auf das zu reagieren, was am lautesten nach Aufmerksamkeit schreit.

Ein Klient von mir, Führungskraft in einem großen Unternehmen, war ständig in Meetings und hat dabei oft den Überblick verloren. Nun erweitert er den Raum zwischen Reiz und Reaktion und setzt eine bewusste Klammer um jeden Tag: Morgens nimmt er sich 10 Minuten, um seine wichtigsten drei Aufgaben für den Tag zu definieren – nicht die dringendsten, sondern die bedeutsamsten. Das klingt simpel, aber diese Klarheit hat ihm geholfen, sich aus der Betriebsamkeit zu lösen und auf die Aufgaben zu konzentrieren, die wirklich etwas bewirken. Abends kehrt er zu seiner Liste zurück und überprüft, was er anders machen würde, würde er den gleichen Tag noch einmal erleben. Achtsamkeit schafft Raum für genau diese Reflexion.

Heinrich: Woran liegt es deiner Meinung nach, dass das achtsame Arbeiten vielen schwerfällt, obwohl es so sinnvoll klingt?

Ragnhild: Achtsames Arbeiten erfordert Konzentration und Disziplin. Viele von uns sind süchtig nach dem Gefühl, beschäftigt zu sein, weil wir evolutorisch auf das schnelle Reagieren gepolt sind und weil es uns kurzfristig wichtig erscheinen lässt. Zusätzlich sind wir in einer maximal außenorientierten Welt vollkommen reizüberflutet. Wir haben es schwer, Ablenkungen zu widerstehen. Der Schlüssel ist, sich bewusst von dieser mentalen Abhängigkeit zu lösen und einen zielführenden Fokus zu finden. Handyfreie Zeiten, Pausen in der Natur, Atemübungen, aber auch kleine Zettel, ein Armband oder andere „Anker“ erinnern uns daran.

Heinrich: Wie lebst du selbst achtsames Arbeiten?

Ragnhild: Ich habe einen festen Home Office Tag ohne Meetings, blocke mir Zeit für fokussierte „Deep Work“ und achte darauf, regelmäßig Pausen einzulegen. Achtsames Arbeiten fängt für mich aber bereits viel früher an, nämlich in einer bewussten Lebensgestaltung. Ich ernähre mich gesund, schlafe ausreichend, widme mich regelmäßiger Reflexion durch Journaling und pflege eine spirituelle Praxis. Das einzige, was ich mir noch vornehme, ist, weniger Stunden zu arbeiten.

Heinrich: Was kann man tun, um sich bewusst aus der Hustle Culture zu lösen?

Ragnhild: Um sich bewusst aus der Hustle Culture zu lösen, braucht es vor allem Klarheit, Mut zur Individualität und Kraft zur Umsetzung. Ein bewusstes Stoppsignal im Kopf ist nötig. Strategien, die helfen, das Gedankenkarussell und die Überarbeitung zu durchbrechen, können folgende sein.

  1. Selbstreflexion und Wertearbeit
    Frage dich regelmäßig: Was treibt mich wirklich an? Was bedeutet Erfolg für mich? Es hilft, die eigenen Werte klar zu definieren und alles auszusortieren, was diesen widerspricht. Oft ist es nicht die Arbeit an sich, die erschöpft, sondern der ständige Fokus auf Erwartungen von außen. Ein gutes Tool: Werte aufschreiben und gegen tägliche To-dos abgleichen.
  2. Digital Detox und „Nicht-Erreichbarkeit“
    Setze klare Zeiten, in denen du offline bist. Die ständige digitale Verfügbarkeit treibt uns in die Hustle-Spirale. Ein Anfang: Nach 20 Uhr keine E-Mails checken, den Flugmodus aktivieren oder einen Tag pro Woche social-media-frei leben.
  3. Priorisierung statt Perfektionismus
    Nicht alles muss sofort und perfekt erledigt werden. Lerne, Wichtiges von Dringendem zu unterscheiden. Die Frage „Muss ich das wirklich tun – und jetzt?“ kann Wunder wirken.
  4. Den Kalender bewusst gestalten
    Blocke dir Zeit für Pausen, Reflexion und Fokusarbeit genauso fest ein wie Meetings. Nur, wenn du dir selbst Raum gibst, kannst du Klarheit über Prioritäten gewinnen.
  5. Bewusstes „Nein“ sagen:
    Ein bewusstes Nein ist ein Ja zu dir selbst. Es braucht Übung, die eigenen Grenzen zu setzen, aber es lohnt sich. Beginne im Kleinen und spüre, wie du wieder Kontrolle über deine Zeit zurückgewinnst.

Sich aus der Hustle Culture zu lösen bedeutet beides, Kontrolle abzugeben, weil man nicht immer in alles involviert ist, und sie zurückzugewinnen, weil man Selbst- über Fremdbestimmung stellt. Es ist der wichtigste Schritt der Selbstwerdung, das Leben nach den eigenen Regeln zu gestalten und nicht nach den Erwartungen anderer.

Heinrich: Welche Gewohnheiten oder Routinen helfen dir dabei, achtsamer zu arbeiten und dich auf das Wesentliche zu konzentrieren?

Ragnhild: Achtsamkeit entsteht durch kleine, beständige Gewohnheiten im Alltag. Ich beginne meinen Tag mit einer Morgenreflexion und frage mich: „Was ist heute wirklich wichtig?“ Statt To-do-Listen setze ich drei klare Prioritäten. Zwischen Aufgaben nehme ich mir kurze Atempausen von zwei Minuten, um durchzuatmen und den Übergang bewusst zu gestalten. Abends schließe ich den Tag mit einer Reflexion ab: „Was habe ich heute gut gemacht? Wo habe ich meine Grenzen respektiert?“ Das schafft Klarheit und Wertschätzung für mich selbst.

Auch meine Mediennutzung halte ich bewusst: Social Media und E-Mails haben feste Zeitfenster, um Ablenkung zu vermeiden. Besonders wichtig ist meine „Nein-Kultur“. Ich sage mir oft: „Ein voller Kalender ist kein Erfolg, sondern Kontrollverlust.“ Daher prüfe ich Einladungen und Anfragen achtsam, bevor ich zusage. So halte ich den Fokus auf das, was wirklich zählt.

Heinrich: Wie kann jemand den Mut finden, sich weniger von Produktivität und mehr von Sinn leiten zu lassen?

Ragnhild: Der Schlüssel liegt in der Erkenntnis, dass Produktivität ohne Sinn leer bleibt. Mut entsteht oft aus kleinen Schritten und der ehrlichen Frage: „Macht mich das wirklich glücklich?“ Ein erster Schritt ist, den Tag bewusst zu beginnen und sich zu fragen: „Welche Aufgabe trägt wirklich zu meinem großen Ziel oder zu meinem Glück bei?“ Gleichzeitig hilft es, die eigene Fehlerkultur neu zu denken. Oft ist es die Angst vor Fehlern und Bewertungen, die uns in der Hustle-Spirale gefangen hält.

Es geht auch darum, sich langsames Wachstum zu erlauben. Du musst nicht alles sofort haben oder erreichen. Langfristigkeit und Nachhaltigkeit sind oft erfüllender als das schnelle Ergebnis. Genauso wichtig ist es, sich die innere Erlaubnis zu geben, Dinge aus Freude zu tun – ohne ständigen Leistungsdruck oder den Zwang, alles einem direkten „Nutzen“ unterzuordnen. Der wahre Sinn liegt im Sein, nicht im Tun. Und genau dieses echte Erleben verpassen wir, wenn wir nur von einem To-Do zum nächsten hasten.

Heinrich: Welche Jokersätze kennst du, die man Vorgesetzten und Kolleg*innen gegenüber nutzen kann?

Ragnhild: Oh, spannende Frage! Vielleicht sowas wie:

„Ich möchte sicherstellen, dass ich das in hoher Qualität liefere. Welche Aufgabe hat für Sie die höchste Priorität?“

„Das klingt spannend – leider habe ich im Moment keine Kapazitäten dafür. Können wir gemeinsam auf meine To-Do-Liste schauen und umpriorisieren?“

„Aktuell arbeite ich an anderen wichtigen Aufgaben. Können wir das zeitlich schieben oder delegieren?“

„Danke für das Vertrauen, leider habe ich gerade keine Kapazitäten, um das adäquat zu erledigen.“

„Ich melde mich zurück, sobald ich einen klaren Überblick habe.“

Ich glaube, es geht um Eigenverantwortung, Professionalität und Klarheit, ohne Konflikte zu erzeugen.

Heinrich: Was sind erste kleine Schritte, die man heute schon gehen könnte?

Ragnhild: Fang klein an, aber fang an. Es sind kleine Schritte, die langfristig zu großen Veränderungen führen.

  • 10 Minuten Fokus: Blocke dir heute 10 Minuten, in denen du ohne Ablenkung an einer wichtigen Aufgabe arbeitest.
  • Bewusste Pause: Setze dir eine Timer-Erinnerung, um dich zwischendurch hinzusetzen, durchzuatmen und den Geist zu beruhigen.
  • Sag bewusst „Nein“: Lege fest, was du heute nicht tust, und halte dich daran.
  • Erfolg anders definieren: Schreibe heute Abend drei Dinge auf, die dir Freude gemacht haben – unabhängig von Produktivität.
  • Medienzeit beschränken: Nimm dir bewusst vor, das Handy ab 20 Uhr wegzulegen.

Heinrich: Wie stellst du dir eine Arbeitswelt vor, die sich von der Hustle Culture gelöst hat und in der Achtsamkeit eine zentrale Rolle spielt?

Ragnhild: Ich stelle mir eine Arbeitswelt vor, in der Menschen nicht mehr von äußeren Erwartungen und ständiger Betriebsamkeit getrieben sind, sondern von einem inneren Kompass, der Klarheit und Sinn vermittelt. Eine Arbeitswelt, die nicht nach dem Prinzip „schneller, höher, weiter“ funktioniert, sondern nach dem Prinzip der bewussten Entfaltung: Wo jeder Einzelne seinen Platz findet, seine Stärken einbringt und seine Arbeit nicht als Mittel zum Überleben, sondern als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit versteht.

In dieser Welt stehen Ergebnisse im Vordergrund, die Substanz haben – nicht nur Zahlen, die kurzfristig beeindrucken. Hier zählt Fokus über Hektik, Tiefe über Oberfläche. Es ist eine Welt, in der Pausen nicht als Schwäche abgetan werden, sondern als notwendiger Raum für Reflexion und Kreativität. Denn nur, wenn wir innehalten, können wir aus der Tiefe schöpfen, uns selbst begegnen und wirklich präsent sein – für unsere Arbeit, für andere und für uns selbst.

Gleichzeitig spielt die Zusammenarbeit eine neue Rolle. Statt in Konkurrenz zu agieren, sehen wir uns als Teil eines größeren Ganzen, das mehr erreichen kann, wenn alle ihre Energie sinnvoll einsetzen. In dieser Arbeitswelt haben Menschen den Mut, ihre Schattenseiten – ihre Angst vor Fehlern, die Sucht nach Anerkennung oder die innere Leere, die sie durch ständige Aktivität betäuben – anzuschauen und aufzulösen. Sie arbeiten nicht mehr, um sich zu beweisen oder ihre innere Unruhe zu kompensieren, sondern um etwas von Bedeutung zu schaffen, das im Einklang mit ihren eigenen Werten steht.

Achtsamkeit wird zur Grundhaltung dieser Welt: Sie bedeutet, präsent zu sein im gegenwärtigen Moment, ohne sich in der Zukunft zu verlieren oder in der Vergangenheit zu verharren. Das heißt, wir stellen uns die Fragen, die wirklich zählen: Was ist heute wichtig? Was kann ich beitragen, das Bestand hat? Wo bin ich in Balance zwischen Geben und Nehmen? Es ist eine Arbeitswelt, die den Menschen nicht von sich selbst entfremdet, sondern ihn zu sich zurückführt – zu seiner Einzigartigkeit, zu seiner Kreativität, zu seiner inneren Ruhe.

Und vielleicht liegt genau darin die wahre Revolution: Arbeit nicht als Bürde, sondern als bewussten Ausdruck dessen zu leben, was wir sind und sein können. Eine Arbeitswelt, die uns nicht leerer, sondern vollständiger zurücklässt. Eine Welt, die Raum für Menschlichkeit, Tiefe und Verbundenheit schafft – und damit die Grundlage für einen Erfolg, der nicht nur äußerlich glänzt, sondern innerlich erfüllt.

Heinrich: Wenn du den Leser*innen einen Gedanken mitgeben könntest, warum es sich lohnt, 2025 achtsames Arbeiten zur Priorität zu machen, welcher wäre das?

Ragnhild: Achtsames Arbeiten ist nicht nur eine Arbeitsmethode, sondern eine Haltung, die das Potenzial hat, unser Leben grundlegend zu verändern. In einer Zeit, in der Geschwindigkeit und ständige Verfügbarkeit oft als Maßstab für Erfolg gelten, bietet Achtsamkeit einen Gegenentwurf. Sie ermöglicht es uns, tiefere Schichten unseres Selbst zu erschließen und unsere Arbeit mit Sinn und Authentizität zu füllen.
Stell dir vor, 2025 ist das Jahr, in dem wir kollektiv erkennen, dass wahrer Erfolg nicht durch stetige Beschleunigung, sondern durch bewusste Entschleunigung entsteht. Achtsames Arbeiten gibt uns die Möglichkeit, innezuhalten und die Qualität unserer Gedanken, Handlungen und Beziehungen zu verbessern. Es erlaubt uns, die Muster zu durchbrechen, die uns in der Hustle Culture gefangen halten – Muster, die oft auf unbewussten Ängsten und gesellschaftlichen Konditionierungen basieren.
Durch Achtsamkeit gewinnen wir Klarheit über unsere echten Bedürfnisse und Ziele. Wir beginnen zu verstehen, dass Produktivität ohne Sinn zu einem leeren Ritual verkommt. Indem wir unsere Aufmerksamkeit bewusst lenken, können wir Prioritäten setzen, die mit unseren tiefsten Werten übereinstimmen. Das führt nicht nur zu mehr Zufriedenheit in der Arbeit, sondern auch zu einem erfüllteren Leben insgesamt.
2025 könnte das Jahr sein, in dem wir die Beziehung zu uns selbst und zu unserer Arbeit neu definieren. Achtsames Arbeiten hilft uns, präsent zu sein – für die Aufgaben, die wirklich wichtig sind, und für die Menschen um uns herum. Es fördert Empathie, Kreativität und eine tiefere Verbindung zu dem, was wir tun. Statt im Autopilot-Modus durch den Tag zu hasten, erleben wir jeden Moment bewusst und können so mehr Freude und Erfüllung finden.
Es lohnt sich, achtsames Arbeiten zur Priorität zu machen, weil es uns ermöglicht, nicht nur erfolgreich zu sein, sondern dabei auch gesund, glücklich und authentisch zu bleiben. In einer Welt, die uns ständig dazu drängt, mehr zu tun und schneller zu sein, ist Achtsamkeit der mutige Schritt, der uns zurück zu uns selbst führt. Es ist die Einladung, unsere eigene Menschlichkeit wiederzuentdecken und sie in allem, was wir tun, zum Ausdruck zu bringen.

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