Ist ein Jurastudium das Richtige für mich?
Bei wohl kaum einer anderen Berufsgruppe wird das öffentliche Bild so sehr von amerikanischen Serien geprägt wie im Fall von Juristen. Von „Suits“ bis „Boston Legal“, von „Scandal“ bis „The Good Wife“: Das Bild des coolen, smarten Anzugträgers hat sich fest in der Vorstellung vieler Menschen verankert – und wirkt sich dabei nicht selten anziehend und reizvoll auf sie aus. Dabei darf jedoch eines nicht übersehen werden: Der Weg bis zum Traumjob ist lang und kann zermürbend sein, wenn die eigene Persönlichkeit nicht zu den Anforderungen eines Jurastudiums passt. Anhand der folgenden Kriterien können Sie abwägen, ob das Studium für Sie geeignet ist:
- Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit
Bei Rechtsfragen kann jedes Detail entscheidend sein. Für angehende Juristen ist es daher eine wichtige Eigenschaft, Dinge genau zu nehmen und einzelne Fälle mit einem prüfenden, kritisch wachen Blick zu untersuchen. Wenn Sie einen hohen Genauigkeits- und Qualitätsanspruch hegen, sich gern auf Fehlersuche begeben, Dinge hinterfragen und Ihnen selbst kleine Ungereimtheiten oder Denkfehler sofort auffallen, können Sie im Jurastudium punkten.
- Sprachlogische Fähigkeiten
Vor allem Studienanfänger tun sich oft schwer damit, die komplexen, meist ungewohnten Formulierungen in Gesetzestexten und Beispielfällen zu durchdringen. Wem das Lesen und Verstehen von Texten schon in der Schule schwergefallen ist, der wird im Jurastudium in dieser Hinsicht vermutlich schnell an seine Grenzen stoßen. Wenn Sie hingegen sprachlich gewandt sind und es Ihnen leichtfällt, präzise und detailliert zu kommunizieren, ist das eine gute Voraussetzung für das Jurastudium.
- Analytische Fähigkeiten
Die Fähigkeit, logisch und analytisch denken zu können, ist für Jurastudenten essentiell: Bei der Bearbeitung komplexer Fälle ist es schließlich wichtig, Sachverhalte und Probleme schnell zu erfassen, sie in ihre Einzelteile zu zerlegen, Zusammenhänge zu erkennen und eigenständig Lösungsansätze herzuleiten. Wenn eine schnelle Auffassungsgabe zu Ihren Stärken zählt und es Ihnen leichter als anderen fällt, komplexe kausale Zusammenhänge zu erkennen, können Sie davon im Jurastudium profitieren.
- Durchhaltevermögen
Wer ein Jurastudium beginnt, trifft damit die Entscheidung für eine langfristige Investition in seine berufliche Zukunft. Die Regelstudienzeit beträgt einschließlich der ersten Examensprüfung im Allgemeinen neun bis zehn Semester. Mit dem ersten Staatsexamen hat man zwar bereits Chancen auf dem Arbeitsmarkt, jedoch sind diese in der Regel auf Stellen im öffentlichen Dienst oder der freien Wirtschaft beschränkt. Um die Befähigung zu erlangen, als Volljurist – also zum Beispiel als Anwalt oder Notar, Richter oder Staatsanwalt – zu arbeiten, führt in Deutschland nach wie vor kein Weg am zweiten Staatsexamen vorbei. Hierfür folgt im Anschluss an die erste Examensprüfung die rechtsfachliche Spezialisierung, die im Rahmen eines zweijährigen Referendariats erlangt und mit der zweiten Examensprüfung abgeschlossen wird. Erst dann sind die Absolventen nachweislich befähigt, als Volljurist tätig zu werden.
Wenn Sie jemand sind, der am liebsten sofort loslegen möchte und nicht gern theoretisch arbeitet, wird es vermutlich schwer für Sie, bis zum zweiten Staatsexamen durchzuhalten. Sind Sie hingegen vor allem durch Zukunftsorientierung motiviert und bereit, viel in Ihren beruflichen Werdegang zu investieren, wenn Sie sich dadurch langfristig Vorteile versprechen, sind das gute Voraussetzungen für ein Jurastudium.
- Stressresistenz
Jurastudenten stehen oft unter einem enormen Leistungsdruck. Zwar sind die ersten Semester noch verhältnismäßig entspannt, da nur wenige Prüfungen gemeistert werden müssen und die Ergebnisse keinen großen Einfluss auf die Endnote haben. Doch gleichzeitig ist von Anfang an klar: Im Staatsexamen geht es dann um alles oder nichts. Die Note der Abschlussprüfung zählt hier schließlich so viel wie in keinem anderen Studienfach. Der Druck, in den wenigen entscheidenden Prüfungen ein gutes Ergebnis zu erzielen, ist damit umso größer. Wer unter starker Prüfungsangst leidet, wird in diesen Phasen vermutlich mit großen psychischen Belastungen zu kämpfen haben. Wenn Sie hingegen in stressigen Situationen die Ruhe bewahren können und handlungsfähig bleiben, wird Ihnen dies dabei helfen, das Jurastudium zu bewältigen.
Jetzt kostenfrei testen!
Wer bin ich und was kann ich?
Wo liegen meine Stärken?
- fachlich fundierter Persönlichkeitstest
- von Psycholog*innen und Karriereberater*innen entwickelt
- kostenfrei und unverbindlich
- Ergebnis der Analyse als PDF per E-Mail
- Selbstorganisation
Neben dem Besuchen von Vorlesungen bestimmt vor allem das eigenständige Lernen in der Bibliothek den Alltag von Jurastudenten. Vor allem die großen Abschlussprüfungen erfordern schließlich eine umfassende Vorbereitung, die sich über mehrere Monate und zum Teil sogar über Jahre erstrecken kann. Hierfür ist ein ausgeprägtes Organisationstalent gefragt: Wenn Sie es verstehen, sich über einen langen Zeitraum zu strukturieren und Prioritäten richtig zu setzen, Listen und Pläne zu führen – oder Sie zumindest im Kopf haben – wird sich das im Jurastudium für Sie auszahlen.
- Freude am Argumentieren
Menschen mit guten Argumenten überzeugen zu können, zählt in vielen juristischen Berufen zu den wichtigsten Fähigkeiten. Schon während des Studiums wird daher viel – und zum Teil hitzig – diskutiert. Das erfordert einen gewissen Mut seitens der Studenten, zu ihren Überzeugungen zu stehen und sich damit bei Bedarf auch mal in den Gegenwind zu stellen. Wenn Sie ein sehr harmoniebedürftiger Mensch sind, sollten Sie sich fragen, ob Sie mit solchen Situationen zurechtkommen würden. Sind Sie hingegen jemand, der keine Angst vor Konflikten hat und sich generell gut durchsetzen kann, sind das gute Voraussetzungen für das Jurastudium.
- Spaß und Interesse an Regelwerken
Gesetzestexte sind des Jurastudenten täglich Brot – keine Frage daher, dass ein gewisses Interesse und Spaß an der Arbeit mit Regelwerken für das Studium förderlich sind. Wenn Sie bisher noch keine Berührungspunkte mit solchen Texten hatten, hilft es, Ihre persönlichen Werte unter die Lupe zu nehmen: Sind Tugenden wie Ordnung, Präzision und Korrektheit Ihnen wichtig? Dann stehen die Chancen gut, dass Sie auch an der Arbeit mit Regelwerken Freude haben werden.
- Rationalität
Juristen orientieren sich vor allem an Fakten, handfesten Beweisen und Gesetzen, anhand derer Entscheidungen getroffen und Urteile gefällt werden. Das Jurastudium ist daher vor allem für Menschen geeignet, die bei ihrer Entscheidungsfindung ebenfalls objektiv vorgehen und sich anhand von Regeln, Vorschriften und Sachargumenten eine Meinung herleiten, statt ihr persönliches Bauchgefühl oder subjektive Empfindungen in den Vordergrund zu stellen. Wenn Sie ebenfalls einen kühlen Kopf bewahren und den Tatsachen ganz rational ins Auge schauen können, wo es anderen schwerfällt, sich emotional abzugrenzen, sind das gute Voraussetzungen für ein Jurastudium.
- Wettbewerbsorientierung
Unter Juristen herrscht oft ein starkes Konkurrenzdenken. Für sie besteht das Arbeitsleben oft aus einer Vielzahl von Duellen – und schon unter Studenten ist der Druck hoch, da die steigenden Bewerberzahlen den Wettbewerb auf der Suche nach dem passenden Job verschärfen. Wenn Sie wettbewerbsmotiviert sind, den Vergleich mit anderen mögen und der Gedanke sie anspornt, andere zu übertreffen, ist das eine Eigenschaft, die Ihnen als Jurastudent zugutekommen wird.
Am Ende bleibt festzuhalten: Für Ihre Entscheidung, ob Sie ein Jurastudium ergreifen möchten oder nicht, ist Ihre persönliche Einschätzung am wichtigsten. Wenn Sie nicht alle der genannten Kriterien erfüllen, bedeutet das nicht, dass Sie mit dem Studium nicht glücklich werden können. Generell ist das Jurastudium ist Deutschland hoch angesehen – und wenn Sie gut abschneiden, stehen Ihnen viele Türen offen. In der Realität sind juristische Berufsbilder schließlich deutlich facettenreicher als in den amerikanischen Serien: Vom Prozessanwalt, der mit seinen Fällen vor Gericht zieht und sich dort mit guten Argumenten behaupten muss, über den Notar, der vor allem beratend tätig ist und beispielsweise Beglaubigungen von Rechtsgeschäften vornimmt, bis hin zur Arbeit bei NGOs, wo Juristen sich im Sinne der Gesellschaft für Menschenrechte und Ideale einsetzen, ist vieles möglich. Setzen Sie sich daher ehrlich mit sich selbst, Ihren beruflichen Zielen und den Anforderungen des Studiums auseinander und wägen Sie ab, ob sich diese drei Komponenten miteinander vereinbaren lassen.
30.11.2018