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#Persönlichkeitsentwicklung

Langeweile – wie Sie das Gefühl sinnvoll nutzen

Langeweile – wie Sie das Gefühl sinnvoll nutzen

Die Minuten vergehen im Zeitlupentempo, wir fühlen uns wie gelähmt und sind auf diffuse Weise unzufrieden: Die Langeweile hat uns im Griff! Wer besonders zu Langeweile neigt, warum sie eigentlich etwas Positives ist und wie Sie konstruktiv mit diesem Zustand umgehen können, schildert Ragnhild Struss in diesem Beitrag.

„Nichts ist so unerträglich für den Menschen, als sich in einer vollkommenen Ruhe zu befinden, ohne Leidenschaft, ohne Geschäfte, ohne Zerstreuung, ohne Beschäftigung.“ So beschrieb schon der französische Philsosoph Blaise Pascal im 17. Jahrhundert ein Gefühl, das uns allen bekannt ist: Langeweile. Per Definition handelt es sich dabei um „das unwohle, unangenehme Gefühl, das durch erzwungenes Nichtstun hervorgerufen wird oder bei einer als monoton oder unterfordernd empfundenen Tätigkeit aufkommen kann“. Davon abzugrenzen ist der Zustand der Muße, bei dem Nichtstun als angenehm und erholsam empfunden wird – während uns Langeweile meist stresst. Zudem wird Langeweile oft mit der „Abwesenheit von Wünschen“ verglichen: Nichts des aktuell Verfügbaren erscheint uns erstrebenswert, und so erleben wir es als unangenehm, keine ausgeprägte „Lust“ auf etwas zu haben. 

Dieser Zusammenhang ist auch auf körperlicher Ebene messbar: Der kanadische Neurologe James Danckert hat herausgefunden, dass bei gelangweilten Menschen der Hautwiderstand sinkt – ein Zeichen für abnehmende Aufmerksamkeit und Außenwahrnehmung. Würden gleichzeitig alle Systeme runterfahren, käme man in einen Zustand der Entspannung oder Apathie. Bei Gelangweilten steigern sich zeitgleich jedoch Herzschlag und Cortisolspiegel, der Mensch ist eigentlich bereit für Aktion. Dieser Gegensatz macht Langeweile so unangenehm: Eigentlich ist man aktiviert und würde gerne handeln, kann es jedoch aufgrund äußerer Umstände nicht und nichts aus der Außenwelt erregt die eigene Aufmerksamkeit. 

Warum wir uns heute schneller langweilen – und wer besonders betroffen ist

Soziologen sind sich darüber einig, dass die Häufigkeit des Auftretens von Langeweile kulturabhängig ist. Gerade unsere westliche Industriegesellschaft ist stark geprägt vom protestantischen Arbeitsethos, das mit „ora et labora“ („bete und arbeite“) dazu aufrief, keine Zeit mit Nichtstun zu vergeuden. Ein Überangebot an Möglichkeiten sowie der bis heute stark gestiegene Druck zur Selbstverwirklichung tragen ebenfalls dazu bei, dass wir nur Geschäftigkeit als sinnvoll verbrachte Lebenszeit empfinden – gibt es doch so vieles, was wir ausprobieren und worin wir uns selbst optimieren können. Tatsächlich herrscht in anderen Kulturen, etwa in der arabischen Welt oder in Südamerika, ein anderes Zeitempfinden, sodass dort auch längeres „Zeitvertrödeln“ nicht als negativ wahrgenommen wird – und entsprechend weniger wahrscheinlich in einem unguten Gefühl von Langeweile resultiert. 

Abgesehen von diesen kulturellen Unterschieden haben Forscher einige Merkmale entdeckt, die anfälliger für Gelangweiltsein machen. So sind aus nicht bekannten Gründen Männer schneller gelangweilt als Frauen und extravertierte Menschen neigen eher zu Langeweile als introvertierte – letzteres ist nachvollziehbar, suchen Extravertierte schließlich stärker die äußere Stimulation, währen Introvertierte sich vor allem ihren inneren Welten zuwenden. Außerdem sind Menschen mit Alexithymie anfälliger für Langeweile: Dabei handelt es sich um Personen, die nur schwer über ihre eigenen Gefühle sprechen können und kaum intensive Emotionen empfinden. Die Forscher erklären diesen Befund damit, dass Gefühle für Menschen wie eine Art Kompass fungieren: Sie zeigen uns, was wir uns wünschen, was uns Spaß macht und was wir ablehnen. Ohne sie fällt es uns schwerer, uns in eine bestimmte Richtung zu orientieren – und wir ziehen weniger Freude aus den Aktivitäten, für die wir uns schließlich entscheiden. Diese Orientierungslosigkeit und Gleichgültigkeit macht ein lähmendes Empfinden von Langeweile wahrscheinlicher. Wie leicht Sie sich langweilen, können Sie übrigens mit dem Boredom Proneness Scale selbst testen. 

Wie wir besser mit Langeweile umgehen und sie langfristig reduzieren können 

Um „das Beste“ aus unserer Langeweile zu machen, sollten wir genau hinhören, was sie uns sagen will, kreativ darauf reagieren und zudem unsere Einstellung zu ihr ändern. Die folgenden drei Tipps zeigen, wie das gelingt.

1.    Die Langeweile als Wegweiser nutzen

Laut dem Psychoanalytiker Erich Fromm steht Langeweile im Zusammenhang mit der Sinnlosigkeit des Lebens. Insofern erinnert sie uns daran, dass unser Leben nur so sinnvoll ist, wie wir ihm einen Sinn verleihen. Das unangenehme Gefühl der Langeweile führt im beste Falle also dazu, dass wir uns in Bezug auf unser Leben die großen Fragen stellen: Wer bin ich jetzt – und wer will ich eigentlich sein? Womit möchte ich meine Zeit auf dieser Welt verbringen? Bei was würde ich später bereuen, es nicht getan zu haben? Was ist nach meinen Wertvorstellungen sinnvolle Arbeit bzw. Aktivität? Was liebe ich und wofür brenne ich? Gerade Kinder und Jugendliche müssen durch Phasen der Langeweile erstmals erkennen, was eigentlich ihre Interessen und Ziele sind. Die dauernde Ablenkung mit Aktivitäten oder digitaler Berieselung stört hingegen diesen Prozess – und führt schließlich dazu, dass sie sich in ruhigen Phasen umso mehr langweilen.

Wie Sie den Tipp umsetzen: Lassen Sie Phasen der Langeweile zu, ohne sich sofort etwas anderem zuzuwenden. Ergründen Sie das Gefühl: Warum fühlen Sie sich gerade so? Sind Sie vielleicht in einer Situation „gefangen“, die Ihnen uninteressant erscheint? Wie würden Sie Ihre Zeit lieber verbringen? Was können Sie dennoch im jetzigen Moment für sich an Positivem herausziehen? Wenn Sie beispielsweise eine langweile Aufgabe zu erledigen haben, können Sie versuchen, damit eine Art Flow zu erreichen – etwa indem Sie Ihre Bewegungen beim Einräumen von Regalen in einem bestimmten Rhythmus vollziehen oder sich die Tätigkeit in mehrere kleine Zwischenziele unterteilen (Salamitaktik). Fühlen Sie sich hingegen gelangweilt, ohne von außen zu etwas „gezwungen“ zu sein, fragen Sie sich: Was kann ich ausprobieren, lernen oder entdecken? Womit kann ich sofort beginnen? Wenn Sie auf diese Weise Ihre Langeweile regelmäßig betrachten, lernen Sie nicht nur, in welchen Situationen Sie typischerweise gelangweilt sind (und können diese ggf. vermeiden). Sie akivieren außerdem Ihren inneren Kompass, der Ihnen den Kurs für Ihr Handeln vorgibt.

2.    Aus Langeweile Zeit der Muße machen

Muße ist ein alter Begriff, der schon in der Antike gebräuchlich war. Er stand damals für das Privileg, nicht arbeiten zu müssen, und bezeichnet eher eine schöpferische Gestaltung der eigenen Freizeit statt bloßes „Faulenzen“. In vielen Fällen können wir Zeiten der Langeweile also ganz einfach in Mußestunden verwandeln, indem wir unsere Zeit bewusst gestalten. Das ist nicht nur Intellektuellen oder Künstlern vorbehalten, die sich Aktivitäten wie Schreiben, Musizieren oder Malen zuwenden können. Auch Gartenarbeit, Basteln oder das Sortieren der Fotosammlung können mußevolle Beschäftigungen sein, je nach Interessen des einzelnen Menschen. Forscher haben zudem herausgefunden, dass während dem Empfinden von Langeweile verschiedene bewusste und unbewusste Hirnbereiche miteinander kommunizieren. Sobald Testpersonen den langweiligen Zustand verlassen und sich anschließend wieder einer Tätigkeit zuwenden, desto effektiver können sie diese ausüben. Wer also infolge von Langeweile aktiv wird, der kann besonders erfolgreich und mit Freude arbeiten – ein weiterer positiver Effekt des unbeliebten Gefühls. 

Wie Sie den Tipp umsetzen: Überlegen Sie, welche Hobbys und Freizeitbeschäftigungen Ihnen Spaß machen (könnten) bzw. Sie früher einmal begeistert haben. Am besten ist es, dabei nicht nur theoretisch vorzugehen, sondern Dinge auszuprobieren und selbst zu erfahren. Ob Ihnen sofort zehn mögliche Aktivitäten in den Kopf schießen oder ob Ihnen zunächst nichts einfällt: Es lohnt sich, nach Beschäftigungen zu suchen, die auch langfristig Ihr Interesse entfachen und etwas in Ihnen zum Klingen bringen. Achten Sie dabei nicht auf Trends oder gutgemeinte Ratschläge von anderen, sondern nur auf Ihre innere Stimme und Reaktion. Ein guter Indikator für geeignete Muße-Aktivitäten ist das Auftreten von Flow: In diesem angenehmen Zustand sind wir bei einer Tätigkeit weder unter- noch überfordert – und empfinden infolge so viel Freude dabei, dass wir Zeit und Raum vergessen. Die Stunden vergehen wie im Flug und wir versinken völlig im Moment und im Schaffen. Flow ist in gewisser Weise das genaue Gegenteil von Langeweile – und ein perfekt geeignetes Mittel, um diese zu überwinden. Legen Sie am besten eine Liste mit Tätigkeiten an, die Sie in Flow versetzen oder Ihnen zumindest Freude bereiten. Von dieser können Sie sich dann inspirieren lassen, wenn sich das öde Gefühl mal wieder breitmacht. Denn die Hauptsache ist, Sie werden aktiv, statt in dem Zustand der Langeweile zu verharren.

3.    Sich Einstellungen aneignen, die Langeweile „auflösen“

Langeweile tritt vor allem dann auf, wenn wir uns mit Dingen befassen müssen, die uns nicht interessieren, unterfordern oder zu wenig Stimulation bieten. Zeigt sie sich, wenn wir lediglich „zu viel Zeit“ an der Hand haben, können wir mit den bereits genannten Maßnahmen proaktiv etwas dagegen unternehmen. Sind wir von Außen jedoch in langweilige Situationen gezwungen, beispielsweise durch Wartezeiten oder Routine-Aufgaben, können wir nicht einfach etwas anderes unternehmen. Gerade durch äußere Umstände ausgelöste Langeweile kann zu Burnout und Depression führen oder ungesunde Kompensationsmechanismen nach sich ziehen, zum Beispiel Überessen oder Substanzmissbrauch. Auch Langzeitarbeitslose sind häufiger davon betroffen und leiden darunter, sich nicht in sinnvollem Handeln ausdrücken zu können. Während es in manchen Situationen schwierig ist, aus dem Teufelskreis der Langeweile auszubrechen, und mitunter sogar therapeutische Hilfe notwendig ist, können Sie mit der richtigen Einstellung in vielen Fällen jedoch Ihr Gelangweiltsein abmildern.

Wie Sie diesen Tipp umsetzen: Gewöhnen Sie sich an, in langweiligen Phasen immer nach den Aspekten zu suchen, die daran positiv sind. So können Sie Wartezeiten an der Bushaltestelle, in der Arztpraxis oder am Flughafen als kleine geschenkte Momente an sich selbst verstehen, die Sie auf vielfältige Art nutzen können: mit Lesen, Hören von Musik oder Podcasts, dem (geistigen) Planen der kommenden To-Dos oder einer kleinen Meditation. Sie werden merken, wie gut es Ihnen tut, einfach mal die Augen zu schließen, durchzuatmen und sich eine Pause vom ständigen Beschäftigtsein zu gönnen. Erkennen Sie auch das Angenehme an Routine-Arbeit: Sie steht für Sicherheit, es kann nicht viel dabei schiefgehen und so ist sie auf gewisse Weise auch entspannend. Oder kultivieren Sie umso mehr Ihre Vorfreude auf kommende, spannendere Aufgaben, die Sie umso schneller erwarten, je zügiger Sie die langweiligen Aufgaben erledigen. Sie langweilen sich in Anwesenheit bestimmter Personen? Versuchen Sie, Interesse für Gesprächsthemen zu entwickeln, die Sie normalerweise nicht reizen – schließlich können Sie mit jedem Thema etwas Neues lernen. Oder sorgen Sie selbst für Abwechslung, indem Sie von etwas Spannendem erzählen, was der Unterhaltung eine neue Richtung verleiht.  

Fazit

Wir sollten Langeweile nicht als „Strafe“ betrachten, sondern als wichtige Intermission, die zwischen aktivitätsintensiven Phasen auftritt. Evolutionspsychologisch betrachtet hat sie den Menschen zu Neugier und Abenteuerlust getrieben – und so enorm zu seiner Entwicklung und Ausbreitung beigetragen. Langeweile wird nur dann zu einem Problem, wenn wir keinen Weg finden, ihr konstruktiv zu begegnen. In jedem Fall ist es wichtig, dass Sie selbst aktiv werden, um etwas Sinnvolles aus ihr zu machen, statt nur passiv darauf zu warten, von außen wieder bespaßt zu werden oder interessantere Aufgaben zugewiesen zu bekommen. Hören Sie in Zeiten des Gelangweiltseins in sich hinein, erkennen Sie Ihre Bedürfnisse, Wünsche und Ideen und sorgen Sie für deren Erfüllung bzw. Umsetzung! Auf diese Weise wird Langeweile Ihnen zum wertvollen Kompass für Ihr Leben. 

 

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