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#Persönlichkeitsentwicklung

Leicht kränkbar? Was Sie tun können, wenn Sie schnell verletzt sind

Leicht kränkbar? Was Sie tun können, wenn Sie schnell verletzt sind

Während negative Kommentare an einigen Menschen abzuprallen scheinen, fühlen sich andere von jeder unglücklichen Formulierung persönlich angegriffen. Warum wir manchmal verletzt reagieren und wie wir „robuster“ gegenüber vermeintlichen Kränkungen werden können, schildert Ragnhild Struss.

Der Arbeitskollege erwidert unseren Gruß nicht, die beste Freundin lässt einen Kommentar über unseren „interessanten“ Kleidungsstil fallen und der Partner hat unseren Jahrestag vergessen. Was für einige nicht der Rede wert ist und schnell wieder mental losgelassen werden kann, stellt für andere eine mehr oder weniger große Kränkung dar, an der sie ordentlich „zu knabbern“ haben. Aber warum fühlen wir uns überhaupt verletzt? Immer dann, wenn wir uns in irgendeiner Form abgewertet fühlen, zum Beispiel in unserer Ehre, unseren Werten, unseren Gefühlen oder unserer Selbstachtung, kann es zu dem Gefühl kommen. Wichtig dabei ist zu erkennen: Nur Kritik, der wir (insgeheim) selbst in Teilen zustimmen, kann uns auch verletzen! Womit wir selbst im Reinen sind, da bieten wir keine Angriffsfläche bzw. empfinden Feedback nicht verletzend persönlich. 

Auf die genannten Beispiele bezogen lässt sich dieser Zusammenhang folgendermaßen erläutern: Grüßt der Arbeitskollege nicht zurück, interpretieren wir das möglicherweise als Zeichen der Ablehnung. Die von uns vermutete dahinterliegende Kritik könnte lauten: „Du bist es nicht wert, dass ich dir die Höflichkeit eines kurzen Grußes entgegenbringe.“ Im zweiten Beispiel könnte die Freundin sogar ein Kompliment intendiert haben und bewundern, dass wir uns kreativ und außergewöhnlich kleiden. Sind wir jedoch selbst unsicher, ob uns unser Outfit gelungen ist, könnten wir „interessant“ als negativ besetzte Bewertung wahrnehmen. Und vom Partner erwarten wir oft besonders viel Aufmerksamkeit, sodass Menschen, die sich vielleicht grundlegend in der Beziehung unsicher fühlen, den Faux-Pas mit dem vergessenen Jubiläum als ultimative Kritik in Form von „Ich bin ihm egal und er liebt mich nicht“ wahrnehmen können – obwohl der Partner möglicherweise einfach nur aus lauter Arbeitsstress den Termin vergessen hat und das in keinster Weise kausal mit dem Grad der Zuneigung zusammenhängt. 

Was unsere Verletzungen uns über uns selbst mitteilen

Ob Sie leicht kränkbar sind oder Sie nur selten etwas trifft: Jeder profitiert davon, in solchen Momenten genau in sich hineinzuhören und zu erforschen, woher die eigene Verletztheit rührt, welche Unsicherheit oder Angst ihr zugrunde liegt und welche Information sie für uns bereithält. Denn auch wenn wir es gemeinhin so formulieren, dass andere Menschen oder deren Verhalten „uns verletzt“, ist im Grunde nicht das Außen verantwortlich zu machen. Viel mehr ist es gar nicht so relevant, was an uns herangetragen wird, sondern das Gefühl der Verletzung ist in Wirklichkeit eine Reaktion auf eine innere Emotion, auf eine eigene Überzeugung, einen persönlichen Zweifel, eine selbstgemachte Abwertung. Diesen Unterschied zu erkennen, ist wertvoll. Obgleich Kränkungsgefühle meist unvermittelt auftreten und ohne dass wir sie empfinden wollen, so dass wir uns ihnen vielleicht als Opfer ausgeliefert fühlen, können wir doch wählen, wie wir mit ihnen umgehen, ob wir sie nähren wollen oder konstruktiv verarbeiten. Wir haben immer die Macht zur Wahl unserer Reaktion. Das gibt uns ein großes Stück Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit zurück. Beides Gefühle, die für ein stabiles Selbstwertgefühl entscheidend sind.

Eine Information, die sich häufig hinter dem Verletzungsgefühl verbirgt, ist eine subjektiv wahrgenommene Kritik an unserem Wesen, getriggert durch das Verhalten oder die Aussagen anderer, von der wir befürchten, sie könnte wahr sein. Dementsprechend fühlen sich vor allem perfektionistische, sehr selbstkritische oder unsichere Menschen schneller gekränkt als andere. Denn Wahrnehmung ist bestätigte Projektion. Sprich wahrnehmen und Bedeutung beimessen tun wir vor allem Informationen, die unser Selbst- und Weltbild bestätigen – im Positiven wie im Negativen interpretieren wir die Welt durch den Filter unserer inneren Überzeugungen über uns selbst, andere Menschen und die Welt. So erklären selbstunsichere Personen Erfahrungen eher als Beleg für ihren schwachen oder labilen Selbstwert: „Ist ja klar, dass der mich nicht grüßt, wahrscheinlich mag er mich gar nicht.“ oder „Da sieht man’s mal wieder: Menschen sind einfach egoistisch und unfreundlich. Und ich bin‘s nicht wert, dass man mich beachtet.“ Darüber hinaus sind bei intensiven emotionalen Reaktionen häufig unbewusste, vielleicht verdrängte Schattenanteile in uns getriggert. Beispiel: Jemand gibt uns das Feedback, wir seien immer so „herrlich blauäugig“ – ein Kommentar, der uns sehr kränken kann, insofern wir einen „naiven“ Optimismus in uns vermuten, aber nicht mögen und deshalb unbedingt von unserem Selbstbild abspalten möchten. Vielleicht arbeiten wir schon seit vielen Jahren daran, vernünftiger, realistischer und besonnener zu handeln, und in unserem Bild von uns gelingt uns dies auch. Das Feedback der anderen Person – das sogar neutral oder positiv gemeint sein kann – trifft uns dann besonders stark, weil wir – ohne dass uns dies gänzlich bewusst ist – genau diese uns zugeschriebene Eigenschaft um jeden Preis vermeiden möchten. Mehr zum Thema innerer Schatten nach C. G. Jung lesen Sie in diesem Artikel

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Fünf Tipps, wie Sie konstruktiv mit Kränkungen umgehen können

Gerade wer leicht verletzt ist, fühlt sich potentiellen Kränkungen durch andere Menschen schutzlos ausgeliefert. Doch es gibt einige Stellschrauben, an denen Sie drehen können, um Verletzungen besser verarbeiten zu können und eine Einstellung zu schaffen, durch die Sie künftig weniger schnell gekränkt sind.

1. Verständnis für sich selbst aufbringen

Die Basis dafür, dass Sie sich rasch von verletzenden Erfahrungen erholen können, sind Relativierung und Selbstakzeptanz: Wandeln Sie den Satz „Ich bin verletzt.“ in Ihrem inneren Dialog als erstes um in „Ich fühle mich verletzt.“. So kann Ihr Inneres sich besser davon distanzieren, da nicht Ihre Identität, sondern lediglich Ihre Emotionen betroffen sind. Und die kann man durch bewusste Gedankensteuerung verändern. Sie geben sich selbst damit eine Veränderungskompetenz und Hoffnung. Darin liegt auch schon der nächste Tipp verborgen: Erkennen Sie es im zweiten Schritt liebevoll an, wenn Sie sich gekränkt fühlen, und versuchen Sie nicht, solche Gefühle auf Krampf zu unterdrücken oder sich deswegen Selbstvorwürfe zu machen. Es ist nichts falsch mit Ihnen, weil Sie sensibel reagieren, wo andere das vielleicht nicht täten – Sie haben einfach gewisse Empfindlichkeiten bei bestimmten Themen. Das ist normal und menschlich, und es ist auch in Ordnung, wenn Sie in Folge weinen müssen oder sich erst einmal zurückziehen wollen. Geben Sie sich nach Möglichkeit Zeit und Ruhe, drehen Sie eine Runde um den Block oder machen Sie sich einen gemütlichen Abend und atmen Sie tief durch. Selbstfürsorge ist das Stichwort: Tun Sie sich selbst etwas Gutes, so als ob Sie einen guten Freund trösten würden. Reden Sie sich innerlich positiv zu, zum Beispiel mit „Es ist okay, dass du dich verletzt fühlst. Nimm dir Zeit, das Ganze zu verarbeiten.“

2. Aus der Verletzung lernen 

Jede Emotion ist eine Information! In und hinter unserer Verletzung verstecken sich vielfältige „Botschaften“, die uns bei unserer weiteren Persönlichkeitsentwicklung wegweisend inspirieren können. Fühlen wir uns durch negatives Feedback getriggert, können wir uns im nächsten Schritt fragen, ob wir etwas Berechtigtes an der Kritik finden. Vielleicht enthält sie wirklich einen Funken Wahrheit – und der schmerzt deshalb so sehr, weil er von unserem Idealbild von uns selbst abweicht. Dann können wir uns vornehmen, an uns selbst zu arbeiten, um dem Ideal näherzukommen. Möglicherweise ist es aber auch eine Frage der Akzeptanz und Befriedung, die es noch auszuweiten gilt: Bekommen wir beispielsweise das Feedback, „immer so lange“ für Entscheidungen zu brauchen, dann können wir entscheiden, ob wir der Einschätzung überhaupt zustimmen, und wenn ja, können wir auch dazu stehen. „Ja, ich entscheide zwar nicht schnell, dafür wäge ich gründlich ab.“ wäre ein Satz, dem wir der inneren (Selbst-)Kritik entgegenstellen können. Und schließlich geben Kränkungen Aufschluss über mögliche Beziehungsprobleme: Unsere Verletzung darüber, dass unser Partner „schon wieder“ den Müll nicht rausgebracht hat, könnte auch dafür stehen, dass wir uns allgemein in der Beziehung übervorteilt fühlen – und die konkrete Situation nur Symbolcharakter dafür aufweist. Darüber zu reflektieren und das offene Gespräch mit dem Gegenüber zu suchen, bietet viel Raum für gemeinsames Wachstum. Das Gleiche gilt für den Job: Fühlen wir uns durch die Art der Kommunikation mit unserer Vorgesetzten wiederholt gekränkt, ist es vielleicht Zeit, das Verhältnis mit neuen Umgangsregeln zu gestalten, sich selbst mehr zu behaupten oder den Fokus bzw. die innere Einstellung zu ändern.

3. Den eigenen Selbstwert stärken

Es gibt viele Gründe für einen niedrigen Selbstwert. Oft sind Erfahrungen aus der Kindheit oder spätere einschneidende Erlebnisse dafür verantwortlich, dass wir uns selbst eher in einem schlechteren Licht betrachten. Es liegt auch an unserem Attributionsstil: Damit ist die Art gemeint, wie wir Erfolg oder Misserfolg begründen. Wer Erfolge immer dem „Zufall“ oder günstigen äußeren Umständen zuschreibt, die Gründe für Misserfolg jedoch bei sich, seinen mangelnden Fähigkeiten oder fehlender Motivation sieht, unterminiert damit systematisch sein eigenes Selbstwertgefühl (mehr zum Thema Selbstwert in diesem Artikel). Üben Sie sich darin, Ihre Aufmerksamkeit bei sich selbst auf das Positive zu richten: Halten Sie Erfolge, gute Erfahrungen und schöne Momente in einem Tagebuch fest, damit Sie nach und nach trainieren, sie wirklich wahrzunehmen und wertzuschätzen. Gerade unsichere Menschen machen zudem ihren Selbstwert zu stark von dem Feedback und den Meinungen Dritter abhängig: Machen Sie sich klar, dass Sie ohnehin niemals jedem alles rechtmachen können – dies aber auch gar nicht müssen! Einer übermäßigen „Gefallsucht“ liegt häufig die Angst zugrunde, Zuneigung oder Liebe zu verlieren, wenn wir aus der Reihe tanzen und uns mal nicht gefällig gegenüber anderen verhalten. Doch die richtigen Menschen werden Sie genau so lieben und toll finden, wie Sie sind – Sie müssen sich nicht an vermeintliche Erwartungen anpassen.

4. Erkennen, dass jeder aus seiner Perspektive urteilt

Sich unabhängiger von Feedback zu machen, geht einher mit der grundlegenden Erkenntnis, dass jeder die Welt durch seine subjektive Brille wahrnimmt, durch seine Werte, seinen persönlichen Geschmack, aber auch seine Ängste. In den meisten Fällen interpretieren wir schlichtweg zu viel in die Aussagen und Gesten anderer hinein. Sehr häufig beinhaltet das als verletzend wahrgenommene Verhalten überhaupt keine negative Absicht uns gegenüber, sondern hat ausschließlich mit der Wirklichkeit des anderen zu tun, ist reine Selbstaussage. So ist ein uns nicht grüßender Kollege vielleicht einfach nur schüchtern oder selbst unsicher, ob wir ihn mögen, und ein negativer Kommentar unseres Gegenübers über etwas, was wir tun, kann heimlichem Neid enstpringen, der auf unreife Weise kaschiert werden soll. Wir tun also gut daran, die Äußerungen und das Verhalten anderer ganz allgemein weniger persönlich zu nehmen, und uns stattdessen zu fragen, was wohl deren Perspektive ist. Zusätzlich können wir frei darüber entscheiden, wessen Feedback wir überhaupt annehmen wollen und wer uns eigentlich gar nicht „kränken darf“. Wir können uns innerlich abgrenzen, indem wir uns sagen „Deine Meinung ist für mich irrelevant, denn du bist kein wichtiger Mensch in meinem Leben!“. Als Regel gilt: Nehmen Sie sich nur das Feedback von Menschen zu Herzen, die Sie auch um Rat fragen würden. Bei Personen, die uns tatsächlich nahestehen, lohnt hingegen ein ehrliches Gespräch darüber, warum und auf welche Art man sich verletzt fühlt. Und sicher ist auch die Frage danach lohnenswert, was das Gegenüber mit seiner Aussage bezweckt oder bewirken will. Manchmal ist eine kleine Spitze in nahen Beziehungen ein Stellvertreter für ein größeres zu klärendes Anliegen, um das anzusprechen aber noch nicht genug Mut gesammelt wurde. 

5. Sich von böswillig agierenden Menschen abgrenzen

Glücklicherweise handeln die wenigsten Menschen, von denen wir uns verletzt fühlen, aus böser Absicht. Oft liegt es an Gedankenlosigkeit oder eigenen Problemen und Unsicherheiten, dass sie etwas tun, das uns kränkt. Selbstverständlich gibt es aber auch Personen, die einen hohen Unreifegrad aufweisen und uns deshalb – bewusst oder unbewusst – immer wieder verletzen, um sich durch die Abwertung anderer besser zu fühlen. Das kann beispielsweise bei Aggressivität oder manipulativen Tendenzen der Fall sein, etwa wenn uns jemand gezielt verletzt, um bestimmte Reaktionen in uns hervorzurufen. Statt sich auf das Niveau herabzubegeben und gar Rache zu üben, sollten Sie in solchen Fällen klare Grenzen setzen und deutlich formulieren, dass man so nicht mit Ihnen umgehen darf. Haben Sie einem solchen Menschen mehrfach ihre Grenzen aufgezeigt und um Unterlassung des kränkenden Verhaltens gebeten, völlig ohne Erfolg, dann hilft meist nur ein konsequenter Kontaktabbruch. Es ist wichtig, dass Sie sich aus solchen toxischen Beziehungen lösen und den Attacken nicht langfristig ausgesetzt sind.

Fazit

Alleine schon das Verändern unserer Bewertung von Kränkungen kann dafür sorgen, dass wir uns ihnen nicht mehr hilflos ausgeliefert fühlen, sondern Kontrolle und Gestaltungskraft zurückerlangen: Im Grunde sind sie lediglich eine Informationsquelle, dass gewisse Ängste oder Unsicherheiten in uns getriggert werden oder Beziehungen neu gestaltet werden müssen. Wenn wir durchatmen, einen Schritt zurücktreten und ruhig und möglichst objektiv unsere eigene Reaktion sowie mögliche Gründe analysieren, stoßen wir auf wertvolle Erkenntnisse, die wir aktiv für unser persönliches Wachstum und das unserer zwischenmenschlichen Beziehungen nutzen können. Arbeiten Sie regelmäßig daran, Verletzungen auf diese Weise zu betrachten, dann verlieren sie ihren Schrecken und treffen Sie künftig weniger schmerzlich.

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