"Mein Studium belastet mich psychisch enorm": Ein Ausweg
von Amke Kannegieter
Bei eng getakteten Stundenplänen, in die Höhe schnellenden Bücherbergen und dem Druck, die nächste Prüfungsphase erfolgreich zu überstehen, steigt das Stresslevel bei vielen Studenten regelmäßig auf ein bedenklich hohes Niveau an. Nachtschichten oder negative Glaubenssätze wie „Ich schaffe das niemals“ oder „Ich bin nicht gut genug“ wirken zusätzlich kontraproduktiv. Was Sie tun können, um Ihre Psyche wieder ins Gleichgewicht zu bringen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Identifikation des Problems: Was löst den Stress bei mir aus?
Oft versuchen Menschen, die unter einem hohen inneren Leidensdruck stehen, ihren Alltag einfach irgendwie zu überstehen – aber es bleibt ein diffuses Gefühl von Unzufriedenheit und Leere. Im ersten Schritt ist es daher wichtig, diese Gefühle nicht zu ignorieren, sondern ernst zu nehmen. Es gibt vielfältige Gründe für eine psychische Belastung: Ist zum Beispiel der Anspruch Ihres Studiums zu hoch? Ist es die Struktur des Studiums, die Sie stresst? Oder setzen Sie sich mit eigenen Glaubenssätzen, wie „ Ohne Fleiß kein Preis“ oder „Ich bin nicht gut genug“ selbst unter Druck?
Versuchen Sie, sich über Ihre eigene Problematik bewusst zu werden, um Raum für eine offenere Haltung zu schaffen. Dabei kann es helfen, ein Tagebuch zu führen: Notieren Sie sich darin, in welchen Momenten Sie sich unzufrieden, enttäuscht oder traurig fühlen. So können Sie besser nachvollziehen, wodurch diese Emotionen bei Ihnen ausgelöst werden und welche negativen Glaubenssätze damit gegebenenfalls verbunden sind. Dadurch wird es Ihnen sehr viel leichter fallen, Ihre Situation und Ihre Emotionen mit mehr Distanz zu betrachten, um den Druck ein wenig zu lösen. So haben Sie wieder Platz, um Ihre Themen anzugehen!
Selbsthilfe: Was kann ich tun, um mein Stresslevel zu senken?
Wenn Sie sich darüber bewusst geworden sind, worin die Ursache für Ihr hohes Stresslevel liegt, haben Sie bereits einen großen Schritt getan. Nun wissen Sie, wo Sie ansetzen und was Sie verändern können, um sich wieder besser zu fühlen. Das geschieht zwar nicht von heute auf morgen, aber dennoch gibt es einige praktische Methoden, die Sie testen können, um Ihr Stresslevel zu managen:
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Stellen Sie realistische Anforderungen an sich selbst.
Jeder Mensch erlebt im Studium Höhen und Tiefen. Selbst wenn Sie neues Wissen generell gut aufnehmen können und Ihnen während der Schulzeit gute Noten meist zugefallen sind, kann es passieren, dass Sie im Studium auch mal in Zeitnot geraten oder in einer Prüfung schlechter abschneiden. Das ist jedoch kein Grund, den Glauben an Ihr Können zu verlieren. Wenn Sie ständig denken: „Ich schaffe das nicht“ oder „Alle anderen sind viel besser“, wird das Ihre Zukunfts- und Prüfungsängste zusätzlich stärken.
Lernen Sie stattdessen, Ihre Misserfolge als Teil Ihrer Entwicklung anzuerkennen. Wenn Sie sich konstruktiv mit Fehlern oder Niederlagen auseinandersetzen, können Sie vieles aus ihnen lernen und sich sowohl fachlich als auch persönlich weiterentwickeln. Fokussieren Sie sich außerdem auf Ihre Stärken. Machen Sie sich bewusst, was Sie gut können und bereits alles geschafft haben – denn Selbstvertrauen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Ihren Erfolg. Henry Ford hat es auf den Punkt gebracht: „Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten.“
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Schaffen Sie eine Lern-Routine.
Wenn Sie bestimmte Zeiten exklusiv fürs Lernen reservieren, können Sie davon in vielerlei Hinsicht profitieren. Zunächst wird es Ihnen leichter fallen, sich aufzuraffen: Sie betrachten das Lernen dann als festen Termin, der nicht so einfach verschoben werden kann. Wenn Sie hingegen einfach in den Tag hineinleben würden, verleitet das dazu, die Arbeit immer weiter hinauszuzögern – schließlich kommen ständig andere, spannendere Dinge dazwischen.
Darüber hinaus stellt sich durch die Lern-Routine ein gewisser Konditionierungseffekt Ihres Gehirns ein, der Ihre Leistungsfähigkeit zusätzlich stärkt. Am wirkungsvollsten ist dieser Effekt dann, wenn Sie Ihre Lerneinheiten auf die Tageszeiten legen, zu denen Sie am aufnahmefähigsten sind. Ob Sie eher ein Morgenmensch oder eine Nachteule sind, wissen Sie am besten selbst – oder Sie finden es in einem einfachen Selbsttest heraus.
Last but not least: Wenn Sie Ihre festen Lernzeiten bereits während des gesamten Semesters einhalten und Ihre Vorlesungen vor- und nachbereiten, sind Sie immer auf dem aktuellen Stand und geraten vor den Prüfungen nicht dadurch unter Druck, dass Sie plötzlich große Wissenslücken auffüllen müssen.
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Treffen Sie sich regelmäßig mit einer Lerngruppe.
Das gemeinsame Lernen mit Kommilitonen zahlt sich gleich mehrfach für Sie aus: Zum einen können Sie sich bei fachlichen Fragen gegenseitig helfen und unterstützen, zum anderen finden Sie hier Gleichgesinnte, die Ihren psychischen Stress am besten nachvollziehen können. Tauschen Sie sich mit Ihnen aus und reflektieren Sie gemeinsam Ihre Situation. Dadurch wird Ihnen auch klarer, inwieweit Ihre Bedenken wirklich berechtigt sind und welche Sorgen lediglich daraus resultieren, dass Ihre Gedanken in eine Art Negativ-Spirale geraten sind.
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Gönnen Sie Ihrem Kopf eine Auszeit.
Anspannung und Entspannung sollten stets im ungefähren Gleichgewicht stehen. Auch in einer stressigen Prüfungsphase ist es daher wichtig, dass Sie sich zwischen anstrengenden Lerneinheiten Erholungsphasen gönnen, um wieder neue Energie zu tanken. Besonders förderlich hierfür sind sportliche Aktivitäten wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen. Aber auch ein Spaziergang an der frischen Luft – und sei es nur für wenige Minuten am Tag – kann Ihre aktuellen Spannungszustände lösen. Hilfreich sind außerdem Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung. Testen Sie am besten mehrere dieser Methoden aus, um herauszufinden, was für Ihr psychisches Wohlbefinden und Ihre Gesundheit am besten ist.
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Pflegen Sie Ihre persönlichen Beziehungen.
Selbst wenn Sie in einer Prüfungsphase das Gefühl haben, für nichts und niemanden mehr Zeit zu haben: Lassen Sie sich nicht dazu verleiten, Ihre sozialen Kontakte gänzlich zu vernachlässigen und jede einzelne Minute des Tages mit Lernen zu verbringen. Ein gelegentlicher Kaffeeklatsch oder ein entspannter Abend mit Freunden tut Ihrer Psyche gut und trägt ebenfalls dazu bei, Ihre Energiereserven neu aufzuladen. Bei Freunden oder Ihrer Familie können Sie außerdem auch mal getrost all Ihren Frust herauslassen und sich mit aufmunternden Worten verwöhnen lassen.
Hilfe von Außen: Brauche ich professionellen Rat?
Wenn Sie all die oben beschriebenen Tipps bereits ausprobiert, aber gemerkt haben, dass Sie allein keinen Ausweg aus Ihrer belastenden Situation finden, nehmen Sie unbedingt Beratungsangebote wahr. Diese werden mittlerweile an fast jeder Universität angeboten: zum Beispiel vom Studierendenausschuss ASTA oder der zentralen Studienberatung. Alternativ können Sie auch einen Therapeuten aufsuchen, der Sie individuell betreuen und auf der Suche nach einer Lösung begleiten kann.
Im letzten Schritt geht es darum, eine Entscheidung zu fällen. Haben Sie eine Methode gefunden, mit der Sie Ihr Gefühl von Stress lindern konnten? Dann können Sie diese von nun an fest in Ihren Studienalltag integrieren. Wenn Sie trotz aller Versuche noch keine Verbesserung erzielen konnten, sollten Sie sich übergeordnete Fragen stellen: Sind Sie in Ihrem Studium richtig? Passt das, was Sie dort lernen, zu Ihren Werten, Ihren Stärken und beruflichen Zielen? Oder gibt es Ausbildungs- oder Studienalternativen, die Ihnen mehr entsprechen würden? Dann sollten Sie gegebenenfalls drastischere Schritte wie einen Studienabbruch und eine Neuorientierung in Erwägung ziehen. Was Sie dabei unbedingt beachten sollten, können Sie in diesem Blog-Beitrag von Ragnhild Struss nachlesen: Die 5 größten Irrtümer bei der Studienwahl.
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30.08.2018