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Tief und intensiv: Wie Sie Ihre (Arbeits-)Zeit richtig nutzen

Tief und intensiv: Wie Sie Ihre (Arbeits-)Zeit richtig nutzen

Wieso fällt es uns so schwer, Ablenkungen auszublenden und uns dem Wesentlichen zu widmen? Ragnhild Struss zeigt, welche inneren und äußeren Hürden unserer Konzentration im Weg stehen und mit welchen Techniken wir Deep Work in die Praxis umsetzen können.

Für manche, besonders jene, die die Welt noch ohne Internet, Smartphones und soziale Medien kennengelernt haben, klingen unsere Tipps und Vorschläge vielleicht wie Selbstverständlichkeiten. Doch die Digitalisierung erfordert eine Rückbesinnung auf Fähigkeiten, die gerade jüngere Generationen erst wieder oder sogar neu erlernen müssen.

Im ersten Teil dieses Artikels können Sie nachlesen, was Deep Work genau bedeutet und weshalb wir alle wieder lernen sollten, uns wirklich zu konzentrieren. Das tiefe Arbeiten hat viele Vorteile und führt auf lange Sicht zu mehr Qualität, mehr Freude und mehr Sinn bei der Arbeit. Man könnte meinen, dass es leicht sein sollte, sich auf eine Sache zu konzentrieren – unser Alltag beweist leider das Gegenteil.

Wie lernt man Deep Work?

Die Theorie klingt gar nicht so schwer, sie besteht im Prinzip aus zwei Schritten: Schritt eins: Die Entscheidung treffen, sich ablenkungsfrei auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren, Schritt zwei: Ablenkungen ausschalten und loslegen. Doch gerade am Anfang kann es wirklich herausfordernd sein, Deep Work zu praktizieren. Dafür gibt es verschiedene Gründe. 

5 Dinge, die dem tief konzentrierten Arbeiten im Weg stehen:

1. Macht der Gewohnheit: Wir sind es gewohnt, uns permanent ablenken zu lassen und uns selbst abzulenken. Es ist eher die Regel als die Ausnahme, mit der Konzentration vom einen zum anderen zu springen und etliche Dinge parallel zu tun: Mails checken, telefonieren, essen, Nachrichten beantworten, recherchieren, Listen schreiben, kommunizieren, Termine planen … All das widerspricht der tiefen Beschäftigung mit einer einzelnen Aufgabe. Unsere Gewohnheit ist also einer der Störfaktoren für Deep Work.

2. FOMO: Zugleich haben wir Angst, wenn wir nicht ständig Handy, Mails, Chats und Newsfeeds checken, etwas Entscheidendes zu verpassen: dringende Nachrichten, relevante Informationen, aktuelles Weltgeschehen oder einfach den neuesten Klatsch und Tratsch. Dabei ist das Allermeiste, das wir während unserer konzentrierten Arbeitszeit „draußen“ oder auch innerhalb unseres Unternehmens verpassen könnten, gar nicht so dringend oder wichtig, dass wir es sofort erfahren müssten. Doch das sogenannte FOMO, „fear of missing out“, drängt uns in die permanente Erreichbarkeit, ins Aktiv- und Beschäftigtsein – oft ohne dabei etwas Substanzielles zu erschaffen. 

3. Wunsch nach Kontrolle: Wer immer und überall online und erreichbar ist, kann sich leicht weismachen, die Dinge im Griff zu haben. Die innere Überzeugung lautet in etwa: „Wenn ich jederzeit jede Nachricht sofort lese und beantworte, wenn ich immer weiß, wer was gerade tut, denkt, plant, dann habe ich die Kontrolle.“ Dahinter steht das Bedürfnis nach Sicherheit. Wer keine Kontrolle hat, muss Unsicherheit aushalten, vielleicht sogar Ohnmacht – und das fühlt sich nicht gut an. Um die Unsicherheit nicht spüren zu müssen, wird also alles getan, um Kontrolle herzustellen, indem man immer erreichbar, verfügbar, aktiv und sichtbar ist. Problematisch ist dieses Verhalten auf zwei Ebenen: Nicht nur steht es der Deep Work im Weg, es handelt sich dabei auch um eine – langfristig betrachtet – destruktiv wirkende Kompensationsstrategie: Wer ständig alles kontrolliert, kann nicht lernen, Unsicherheiten auszuhalten und Vertrauen zu entwickeln – sowohl zu sich selbst und den eigenen Fähigkeiten, als auch zu anderen. 

4. Allmachtsfantasien/Überschätzung der eigenen Wichtigkeit: Haben wir nicht alle manchmal die Fantasie, dass der Laden ohne uns nicht laufen würde? Dass wir unverzichtbar sind? Dass wir nicht einmal bei kleinen Dingen ersetzbar wären? Die Vorstellung ist nachvollziehbar, doch meist nicht realistisch. Also lernen Sie besser schon jetzt, bevor Sie aus Krankheitsgründen ausfallen, zu delegieren, Entscheidungen abzugeben und anderen eigene Arbeitsbereiche zu überlassen. Lernen Sie auszuhalten, nicht alles selbst – und vermeintlich besser – zu machen. Gerade als Führungskraft mag das ein Lernprozess sein, doch er lohnt sich: Je mehr Verantwortung Sie abgeben, desto kompetenter wird Ihr Team werden. Und das Beste daran: Sie haben endlich wieder Zeit für Ihre wesentlichen Aufgaben: Ihre eigenen Deep-Work-Projekte.

5. Suche nach Ablenkung (auch von uns selbst): Vielleicht kennen Sie das Szenario: Sie sitzen vor einer komplizierten Aufgabe, kommen nicht so voran, wie Sie das gerne hätten, die Arbeit ist nicht leicht und nicht schnell zu erledigen – wie fühlen Sie sich? Vermutlich machen sich irgendwann, vielleicht ganz leise und kaum zu erkennen, Gefühle von Frust, Unlust, Selbstzweifeln und Versagensangst breit. Weil diese Gefühle schwer auszuhalten sind, ist es verlockend, uns von ihnen abzulenken, in der Hoffnung, sie dann nicht mehr spüren zu müssen. Dabei handelt es sich um eine Abwehrstrategie. Also schnell zum Handy greifen, hier eine Nachricht beantworten, einen Tweet absetzen oder etwas tun, für das wir eine direkte und bestenfalls positive Rückmeldung bekommen, wie z. B. ein hübsches Foto bei Instagram zu posten. Doch die Likes, die wir dafür innerhalb kurzer Zeit zurückbekommen, sind nur kurzfristige Befriedigung, sie pushen uns kurz hoch und dann fallen wir wieder in die unangenehmen Gefühle zurück, die uns befallen, während wir bei der Lösung der komplizierten Aufgabe kein Stück weitergekommen sind. So nachvollziehbar der Reflex der schnellen Ablenkung ist: Er schadet uns mehr als dass er nutzt. Und er bringt uns nicht nur von den – erstmal – unangenehmen Gefühlen weg, sondern auch von uns selbst. 

Von der Theorie zur Praxis – mit welchen Techniken Deep Work funktioniert:

1. Vorbereitung

Aufgaben unterteilen: Sehen Sie sich Ihre To-do-Liste an und kategorisieren Sie Ihre Aufgaben in Deep Work und Shallow Work. Trennen Sie beide Bereiche strikt voneinander und nehmen Sie sich gezielt spezielle Zeiten für die jeweiligen Aufgaben. 

Zeiten setzen: Tragen Sie sich Ihre Deep-Work-Hours fest in Ihren Kalender ein und blocken Sie diese Termine. Definieren Sie spezifische Absichten für diese Zeiträume.
Erlauben Sie sich, hier ebenso wenig verfügbar zu sein für Meetings oder andere Termine, als wäre es ein von außen gesetzter Termin mit anderen Beteiligten. Sie können auch Zeitfenster für bestimmte Projekte und to-dos festlegen, z. B. 9-9.30 Uhr: Kommunikation (E-Mails, Slack, Trello …), 9.30-10 Uhr: Terminkoordination, 10 Uhr – 12 Uhr: Deep Work. Beachten Sie dabei, zu welcher Zeit Ihres Biorhythmus Sie sich am besten konzentrieren können.

Routinen etablieren: Wie soll Ihr Arbeitstag beginnen? Wie soll er enden? Wie würde Ihre Arbeit aussehen, wenn Sie wirklich frei gestalten könnten, was Sie wann und auf welche Weise erledigen? Wann sind Deep-Work-Phasen, wann Shallow-Work-Phasen? Nutzen Sie die Methode des Job Craftings (LINK), um Ihre Arbeitszeiten, -orte und -strukturen selbst (mit-)zugestalten. Bauen Sie um, was nicht passt. Sie brauchen mehr Homeoffice-Zeiten, um sich auf komplexe Inhalte zu konzentrieren? Sprechen Sie mit Ihren Vorgesetzten und erklären Sie Ihr Anliegen. Sie benötigen mehr inhaltlichen Austausch mit Kolleg*innen? Auch das können Sie aktiv angehen und dafür sorgen, dass Räume und Zeiten zum Austausch geschaffen werden. 

Routinen überdenken: Muss ich wirklich bei jedem Meeting dabei sein? Ist ein täglicher Austausch zu Projekt xy wirklich notwendig? Trauen Sie sich, alte Gewohnheiten und Routinen über Bord zu werfen und neue, zu Ihrem aktuellen Leben passende Rituale zu entwickeln. 

Auszeiten nehmen: Feierabende, Wochenenden und Urlaube haben ihre Berechtigung. Der Mensch braucht Erholung, Schlaf und Freizeit. Niemand kann zehn Stunden am Stück konzentriert durcharbeiten und niemand kann ohne Pausen und arbeitsfreie Zeiten über Jahre hinweg produktiv sein. Besonders denjenigen, die sehr mit ihrer Arbeit identifiziert sind, die gerne und viel arbeiten, ein eigenes Unternehmen führen oder sich selbstständig gemacht haben, fällt dieser Schritt oft sehr schwer. Erinnern Sie sich daran, dass es am Ende auch Ihrer Arbeit dient, wenn Sie auf Ihr psychisches und physisches Gleichgewicht achten und sich regelmäßig Auszeiten gönnen.

2. Durchführung

Ablenkungen reduzieren: Nutzen Sie die (technischen) Möglichkeiten der modernen Arbeitswelt für Ihre eigenen Ziele und sorgen Sie für ungestörte Arbeitsstunden. Das kann bedeuten, in den Deep-Work-Zeiten das E-Mail-Programm am Rechner ganz zu schließen, das Handy in den Flugmodus zu schalten oder komplett aus dem Sichtfeld zu legen, das Büro oder den Arbeitsplatz zu wechseln oder auch ein „Bitte nicht stören“-Schild an der Tür zu befestigen. 

NEIN sagen: Bei manchen Menschen, Unternehmern, Künstlerinnen fragt man sich: „Woher nehmen die die Zeit? Wie schaffen die das alles?“ Schon wieder ein neues Album, ein neues Projekt, eine brillante Idee. Das Geheimnis lautet in vielen Fällen nicht, dass sie überall mitmischen und auf jeder Hochzeit tanzen, sondern – ganz im Gegenteil – dass sie gelernt haben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, auf das, was ihrem Ziel dient. Um das zu schaffen, muss man an anderen Stellen klar und deutlich „Nein“ sagen. Zu Aufgaben, Projekten, Einladungen, Terminen, fremdbestimmter Zeit – und manchmal auch zu verlockenden Angeboten oder tollen Chancen. 

Im Alltag üben: Apropos Konzentration auf das Wesentliche – Konzentration ist eine Form der Achtsamkeit – eine methodische Kompetenz – und die lässt sich, wenn wir sie einmal verlernt haben, nicht von heute auf morgen einfach wieder „anschalten“, doch sie lässt sich üben. Z. B. durch Meditation. Das schult nicht nur die Konzentration, den Fokus auf das Hier und Jetzt, sondern kann auch loslassen und abgrenzen lehren. Ganz praktisch können Sie das überall im Alltag üben: Beim Anstehen an der Supermarktkasse, beim Mittagessen, beim Bahnfahren. Bleiben Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit in der Gegenwart, genau da, wo Sie sich jetzt gerade befinden, verzichten Sie auf den Griff zum Handy. Lassen Sie sich ein, schärfen Sie Ihre Sinne: Was sehe ich? Was höre ich? Was fühle ich? Wie schmeckt der Reis auf meinem Teller, wie fühlt sich der Stuhl an, auf dem ich sitze? Welche Gerüche umgeben mich, welche Geräusche? Sie werden den Effekt spüren: Alles fühlt sich echter, intensiver an. Uns mit unseren Sinnen zu beschäftigen und nicht permanent von Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft aus der Gegenwart geholt zu werden, kann sehr befreiend sein.

Leere aushalten: Können Sie Leere schwer aushalten? Ertragen Sie keine Langeweile? Keine Zeiten des Nichtstuns? Des (vermeintlichen) Nicht-Produktiv-Seins? Dann sollten Sie genau hier ansetzen. Konzentrieren Sie sich auf die Leere: Üben Sie sich im Nichts tun, schauen Sie in die Luft, aus dem Fenster, lassen Sie Ihre Gedanken ganz absichtslos herumwandern, ohne Ziel und ohne Sinn – und schauen Sie mal, was das in Ihnen auslöst. Hinter dem, was manche als Langeweile empfinden, warten oft die besten Ideen. Sie brauchen nur etwas Raum, um sich zu zeigen. Denn besonders dann, wenn die Aufmerksamkeit nicht gebunden ist, kann die Intuition angezapft werden. 

Deep Break: Deep Work auf der einen Seite bedeutet auch Deep Break auf der anderen Seite: Machen Sie richtig Pause, und nicht nur nebenbei. Schalten Sie während der Mittagspause innerlich ab und den Rechner zu. Gehen Sie raus, weg vom Schreibtisch, dem Büro, Ihrem Arbeitsplatz. 

Deep Team Work: Auch mit anderen zusammen können Sie tief in die Arbeit einsteigen: Schaffen Sie gezielt Zeit und Raum voller Aufmerksamkeit füreinander, um in echten Austausch zu gehen. Auch hier gilt es, äußere Störfaktoren und Ablenkungsquellen auszuschalten. Ein Gespräch, bei dem sich alle Beteiligten in die Augen sehen, statt immer wieder aufs Smartphone zu stieren, stellt automatisch eine andere Tiefe und Qualität her als ein Gespräch zwischen Tür und Angel, neben Instagram und WhatsApp.

Loslassen lernen: Üben Sie sich im Loslassen von Verantwortung, Kontrolle, Sicherheit, Ansprüchen, alten Gewohnheiten. Machen Sie nicht den Fehler, Verfügbarkeit mit Wichtigkeit zu verwechseln. Häufig trifft genau das Gegenteil zu.

Fazit

Sie müssen nicht jede Mail sofort lesen oder gar sofort beantworten, Sie müssen nicht auf jede Nachricht, jede Anfrage sofort reagieren. Erlauben Sie sich, Ihre Arbeit so zu gestalten, dass das Wichtigste genügend ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt. Wer nicht ständig erreichbar ist, setzt ein wichtiges Signal: Qualität und Tiefe haben Priorität, langfristiger Erfolg ist das Ziel.

 

Die wichtigste Grundlage für beruflichen Erfolg und persönliche Zufriedenheit bildet eine Lebensführung in Übereinstimmung mit Ihrer Persönlichkeit. Sie zu kennen, ist der erste Schritt. Mit unserem kostenfreien Schnuppertest bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ihn zu gehen und einen ersten Einblick in Ihr Inneres zu erhalten.

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