Ausbildung oder Studium?
Abiturienten haben die Wahl. Es gibt auch eine dritte Möglichkeit: das duale Studium bei Unternehmen.
Soll ich studieren oder lieber erst eine Ausbildung machen? Kann man mit der Note „Drei“ eigentlich studieren? Ist mit einer Ausbildung der Aufstieg auf der Karriereleiter überhaupt möglich? Mit diesen Fragen kommen Oberstufenschüler zu einer Berufsorientierung in das Unternehmen Jungheinrich.
Es sind Schüler, die sich für ein naturwissenschaftliches Oberstufenprofil an den Gymnasien Oberalster oder Heilwig entschieden haben und damit von der Kooperation ihrer Schule mit dem Hersteller von Flurförderzeugen profitieren. Neben Praxisnähe und Technikanwendung tritt als drittes Element die Berufsorientierung. „Wir wollen den Schülern Ängste vor dem Bewerbungsprozess nehmen“, erklärt Personalreferentin Anne-Kristin Zumwinkel das Jungheinrich-Angebot.
Unter den Teilnehmern ist Karsten Müller. Der Abiturient hat sich schon längst entschieden: „Ich möchte dual studieren.“ Diese Variante verbindet die Theorie aus der Hochschule mit fest integrierten Praxisblöcken im Unternehmen. Das Tolle sei halt, dass somit das Studium finanziert werde. „Als Student regelmäßig ein festes Gehalt zu bekommen, ist ein Riesengeschenk“, sagt der 19 Jahre alte Karsten.
Das erste eigene Geld zu verdienen, statt ein Studium über Eltern, Jobs, BAföG oder Studienkredite zu finanzieren, das ist ein Aspekt unter vielen, der vielleicht für eine Ausbildung spricht. Er sollte aber nicht ausschlaggebend sein, meint die Karriereberaterin Ragnhild Struss. Zum einen gebe es sehr gute Studienfinanzierungsmöglichkeiten. Zum anderen seien für die Wahl der Ausbildung immer die Persönlichkeit und die daraus individuell abgeleitete Karrierestrategie entscheidend.
In ihrer Beratungspraxis hat die 32-Jährige aber auch mit Schülern zu tun, die sich körperlich noch ausagieren wollen und müssen, nicht lange auf einem Fleck sitzen können oder am besten aus der Anschauung und Praxis lernen. Ihnen rät die Diplomkauffrau erst einmal zu einer Ausbildung und betont: „Ob Studium oder Ausbildung ist nicht notwendigerweise eine Frage der Intelligenz.“ Schließlich gebe es auch Spätzünder und zudem Berufsfelder, für die praktische Erfahrung und eine gewisse altersbedingte Reife erforderlich seien. So empfiehlt die Karriereberaterin eine Physiotherapieausbildung vor einem Medizinstudium und Lebenserfahrung egal welcher Art vor dem Einstieg in die Psychologie.
Zudem ist das deutsche Bildungssystem so aufgebaut, dass die Übergänge vom Beruf ins Studium tatsächlich durchlässig sind. „Egal welche Entscheidung du triffst, das ist niemals eine Einbahnstraße“, sagt Zumwinkel. Entscheidend sei, dass die Abiturienten den einmal gewählten Weg bis zu Ende gehen, anschließend seinen rechts und links viele neue Wege offen, beispielsweise über ein Abend- oder Fernstudium. Bei der Schüleraussage, keine Karriere ohne Studium, schüttelt die Personalreferentin den Kopf. „Es gibt eine Reihe von Beispielen hier im Haus, wo sich jemand durch Leistung auch ohne Studium zum Gruppenabteilungsleiter hochgearbeitet hat.“ Mit dem Studium ist die Wahrscheinlichkeit, in eine Führungsposition zu gelangen, allerdings höher, meint Struss.
Karsten Müller ist zufrieden, wenn er sinnvoll, praxisnah und im Team arbeiten darf. „Ich bin vielseitig interessiert.“ Die Berufsorientierung bei Jungheinrich hat ihn einen entscheidenden Schritt weiter gebracht. Karsten lernte die Ausbildung zum Wirtschaftsinformatiker genauer kennen. Er bewirbt sich bei Jungheinrich, schafft den Einstellungstest, überzeugt im Vorstellungsgespräch und hat nur eine kleine Bitte: Bevor es losgeht, würde er gerne noch ein soziales Jahr im Ausland verbringen. Ob er auch erst zum 1. August 2012 einsteigen könne? Ein ungewöhnliches Anliegen, dem sich der Logistikanbieter aus Hamburg aber nicht verschließen mag.
Noch ist Karsten bei einer christlich gemeinnützigen Organisation in Südafrika tätig. In einem halben Jahr wird er dann Auszubildender im Konzern, Student der Nordakademie Elmshorn und angehender Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik. Den Vertrag hat Karsten heute schon in der Tasche und bei seinem künftigen Arbeitgeber bereits eine Menge Eindrücke gesammelt. „Man wird hier im Unternehmen als Mensch wahrgenommen. Das hat mir sehr gut gefallen.“
Mit freundlicher Genehmigung von Deike Uhtenwoldt